Bund Österreichischer Frauenvereine

Namen und Abkürzungen
BÖFV (Abkürzung)
BÖF (Abkürzung)
Gründung
1902
Auflösung
1938
Sitz
Wien 9, Sensengasse 5
Wien 9, Wilhelm Exnergasse 34 (heute)

FunktionärInnen und Mitglieder

Kassierin

Schriftführerin

stellvertretende Vorsitzende

Vorsitzende

Vorstandsmitglied

Organisationsstruktur

Kommissionen
Mitgliedsvereine

Historischer Überblick

Der Bund Österreichischer Frauenvereine wurde als Dachorganisation der bürglich-liberalen Frauenvereine 1902 gegründet. Der Internationale Frauenrat (International Council of Women, ICW), eine der drei großen internationalen Frauenorganisationen, die 1888 in Washington gegründet worden war und in der sowohl Befürworterinnen als auch Gegnerinnen des Frauenstimmrechts vertreten waren, rief die Frauen aus Europa dazu auf, sich zu vereinigen, um ihren Forderungen mehr Nachdruck verleihen zu können. Die Gründung dieser internationalen Frauenverbände führte in Folge auch zur Einrichtung nationaler Dachorganisationen, so in Österreich zu jener des Bundes österreichischer Frauenvereine (BÖFV). Marianne Hainisch war als gemeinsame Delegierte von mehreren Frauenvereinen 1899 auf die Generalversammlung des ICW in London entsandt worden. Davon ausgehend setzte sie sich auch in Österreich für die Gründung einer Dachorganisation ein, die die Arbeit der einzelnen Frauenvereine koordinieren sollte. 12 bürgerliche Frauenorganisationen schlossen sich zum BÖFV zusammen, wobei die einzelnen Vereinigungen ihre eigenen Aktivitäten und Ziele weiterverfolgten. 1914 hatte der BÖFV 74, 1931 46 Mitgliedsvereine. Seit 1904 gehört der BÖFV auch dem ICW an.

Ziele des BÖFV waren "die Vereinigung von Frauenvereinen, welche, gemäß ihrer Statuten, ihre Arbeit in den Dienst des Frauen-, Familien- oder Volkswohles gestellt haben, um dadurch die diesen Vereinen gemeinsamen ethischen, geistigen, humanitären und wirtschaftlichen Bestrebungen zu fördern und zu unterstützen. Konfessionelle, nationale oder politische Ziele sind ausgeschlossen." Entschieden distanzierte sich der BÖFV von parteipolitischen Zielen. Nur eine beschränkte Anzahl an Frauenvereinen traten vor dem Hintergrund der zunehmenden nationalen Gegensätze der Habsburger Monarchie dem BÖFV bei. Der BÖFV bestand im Wesentlichen aus deutschsprachigen Frauenvereinen und es sind keine Bemühungen von Seiten des BÖFV bekannt, diese nationale und ethnische Barriere zu überwinden.

Einer der beitretenden Frauenvereine war der Allgemeine österreichischen Frauenverein (AÖFV). Bald traten Spannungen zwischen dem BÖFV und dem AÖFV zutage, die im Zusammenhang mit der Beamtinnensektion des AÖFV und dem Reichsverein der Post- und Telegraphenmanipulantinnen standen, sowie mit unterschiedlichen politischen Vorstellungen, die seit Gründung des BÖFV existierten. Dies führte 1906 dazu, dass der AÖFV aus dem BÖFV wieder austrat und gleichzeitig 24 seiner Mitglieder verlor: Marie Franzos, Leopoldine Glöckel, Marianne Hainisch, Henriette Herzfelder, Marietta Himmelbauer, Emma Hönigsberg, Regine Kapper, Anna Kohn, Klara Kuffler, Elly Luzzatto, Irene Mayerhofer, Daisy Minor, Stephanie Nauheimer, Ilka Polak, Minna Popper, Dora Rösler, Therese Schmiedl, Marie Spitzer, Hertha Sprung, Gisela Werner, Regina Werner, Rosa Werner, Gabriele Werner, Friederike Zeileis traten aus dem AÖFV aus. Retrospektiv wird dies als Spaltung in einen radikalen und einen gemäßigte Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung interpretiert.

Die Arbeit erfolgte im BÖFV in einer Reihe von Kommissionen. Anfangs waren dies unter anderem eine Frauenwahlrechtskomitee, eine Kommission zur Bekämpfung des Mädchenhandels sowie eine Reihe weiterer Kommissionen. Die Kommissionen wechselten im Laufe der Zeit, sodass sich für 1931 eine Antialkohol-, Friedens-, Fürsorge-, Presse-, Rechts-, Sozialwissenschaftliche-, Unterrichtskommission, Kommission für Volksernährung und Hauswirtschaft und die Kommission für Volksgesundheit belegen lassen.

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs kam es zunehmend zu einer Nationalisierung der Frauenbewegungen und zu einem steigenden Antisemitismus. Jüdische Frauen wurden in der Frauenbewegung diskreditiert, so zum Beispiel durch Hertha Sprung, die 1919 bei einer Versammlung des BÖFV die Notwendigkeit betonte, dass "die Frauenvereine sich gegen das Eindringen der "volksfremden" Elemente unter den Frauen zur Wehr setzen." Die meisten jüdischen Frauenvereine dürften zu dieser Zeit aus dem BÖFV ausgetreten sein.

In der Ersten Republik von 1918 bis 1933 verlagerte sich die Auseinandersetzung um Frauenpolitik, nach der Erringung des Frauenwahlrechts als wesentlichem Ziel der Frauenbewegung, auf die Ebene der Gesetzgebung. Damit waren parteiunabhängige liberale Frauen und Frauenvereine wie der BÖFV gegenüber parteipolitisch verankerten Frauen, die dort auch ihre Forderungen und Anliegen einbringen konnten, benachteiligt. Wie gestaltete sich unter diesen Bedingungen die weitere Frauenpolitik des BÖFV? Weitere Frauenvereinsgründungen, wie Berufsorganisationen für Ärztinnen, Juristinnen, Angestellte usw., oder die Gründung der Österreichischen Frauenpartei fanden aktive Unterstützung. Darüber hinaus wurden Petitionen und Resolutionen verfasst und Tagungen, nationale sowie internationale, abgehalten. Im Vereinsorgan „Die Österreicherin“ wurde diskutiert, ob die Frauenbewegung in einer Krise stecke, gescheitert sei oder vor einem Neubeginn stehe. Im Laufe der 1920er und 1930er Jahre wurde auch die Debatte um die Haushaltsführung immer wichtiger sowie Forderungen nach einer geschlechtsspezifischen Politik mittels einer Hauswirtschaftskammer. Der BÖFV verstand sich als überparteilich, trotzdem entwickelte sich die Verbindung zur großdeutschen Volkspartei mit der Zeit enger. Sowohl Frauen aus dem Vereinsvorstand als auch Mitgliedsvereine waren im großdeutschen Lager verankert. Obwohl die parlamentarische Demokratie als System betrachtet wurde, das den Frauen ihre Bürgerrechte und Freiheitsrechte garantierte, nahmen die Enttäuschungen über den geringen Stellenwert von Frauen in der Politik und ihre geringen Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten auf die Politik im BÖFV zu. Insofern gab es auch divergierende Positionen innerhalb des BÖFV zu deutschnationalen Ideen.

Im autoritären Ständestaat ab 1934 waren die bürgerlichen Frauen mit der Rücknahme früherer Errungenschaften konfrontiert. Maßnahmen zur Einschränkung der weiblichen Erwerbsarbeit waren die Wiedereinführung des Beamtinnenzölibats, die Doppelverdienerverordnung, die verheiratete Staatsbeamtinnen ausschloss, der Abbau von Lehrerinnen und die Streichung der staatlichen Mittel für Mädchenmittelschulen. Der BÖFV kritisierte diese Rücknahmen von Frauenrechten. Durch die Frauendiskriminierung im Ständestaat kam es zur Zusammenarbeit mit katholischen Frauenvereinen, die davor kaum existiert hatte. Das gemeinsame Engagement für die Einführung einer Hauswirtschaftskammer wurde verloren. 1935 wurde der BÖFV der Vaterländischen Front (VF) angegliedert und verschmolz personell mit dem Frauenreferat der VF. Maria Hoheisel und andere Vorstandsmitglieder wurden Mitarbeiterinnen im Frauenreferat der VF. Der BÖFV blieb trotzdem als Verein bis 1938 bestehen, wenn auch mit beschränktem Handlungsspielraum.

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde der BÖFV 1938 aufgelöst. 1947 kam es zur Wiedereinrichtung des bis heute bestehenden Dachverbandes. Die frühere Bedeutung konnte der BÖFV nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlangen und auch die Zahl der Mitgliedsvereine war und blieb weitaus geringer. Funktionen, die der BÖFV bis heute wahrnimmt, sind Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben und die Mitarbeit sowie Vertretung von Fraueninteressen in internationalen Frauengremien. Dies wirft die Frage auf, wodurch dieser Vertretungsanspruch, heute noch legitimiert werden kann.

verwendete Literatur und Quellen:

Aus dem allgemeinen österreichischen Frauenvereine. - In: Der Bund 1 (1906) 6
Frauenrecht und Frauenarbeit, Nr. 26, 13.02.1919, 11
Hauch: Frauenstandpunkt, 85-88
Niederkofler: "... und halten wir es für äußerst peinlich, einen bestehenden Spalt in die Öffentlichkeit zu zerren“
Schöffmann: Die bürgerliche Frauenbewegung im Austrofaschismus

verfasst von: Lydia Jammernegg

Ausgewählte Publikationen

Der Bund : Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine / hrsg. vom Bund österr. Frauenvereine. Für die Schriftleitung verantwortlich: Henriette Herzfelder; später: Daisy Minor, Maria L. Klausberger - Wien, 1905-1919
Online Zugriff / ÖNB 442258-B.Neu-Per
Die Österreicherin : Zeitschrift für alle Interessen der Frau ; Organ des Bundes österreichischer Frauenvereine / hrsg. vom Bund österreichischer Frauenvereine. Für die Schriftleitung verantw.: Eugenie Palitschek; ab 1932,8: Marianne Hönig; ab 1932,9: Ernestine Fürth - Wien: Hermes, 1928-1938
Online Zugriff / ÖNB 609120-C.Neu-Per
Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauenarbeit in Österreich / hrsg. im Auftrage des Bundes österreichischer Frauenvereine von Martha Stephanie Braun, Ernestine Fürth, Marianne Hönig, Grete Laube, Bertha List-Ganser, Carla Zaglits - Wien: Selbstverl. des Bundes Österr. Frauenvereine, 1930
Online Zugriff / ÖNB 579763-B.Neu
Frauen-Kriegskalender 1915 / hrsg. vom Bund Österreichischer Frauenvereine - Wien: Lechner, 1915
Online Zugriff / ÖNB 510062-B.Neu
Frauen-Rundschau : Organ des "Bund Österreichischer Frauenvereine" - Wien: Hönig, 1950-1971
ÖNB 801053-D.Neu
Jahrbuch des Bundes österreichischer Frauenvereine mit Kalender / Red. Helene Littmann. Hrsg. von dem Bund österr. Frauenvereine - Wien, 1913-
Online Zugriff / ÖNB 492414-A.Neu.2
Kalender / Hrsg. von dem Bund österreichischer Frauenvereine. Red. von Helene Littmann - Wien: Moritz Perles, 1913-
Online Zugriff / ÖNB 492414-A.Neu.1
Programm der außerordentlichen Generalversammlung des "Bundes" - In: Der Bund, Jg. 14 (1919), Nr. 4, 3-5
Online Zugriff / ÖNB 442258-B.Neu-Per
Sechzig Jahre Bund österreichischer Frauenvereine - Wien: Schöler-Borotha, [1964]
ÖNB 993025-B.Neu
Wegweiser zur Berufswahl für Mädchen / Hrsg. vom Bund Österreichischer Frauenvereine mit Unterstützung des k.k. Arbeitsministeriums - Wien: Perles, 1912
Online Zugriff / ÖNB 491765-B.Neu

Quellen und Sekundärliteratur

Aus dem allgemeinen österreichischen Frauenvereine - In: Der Bund, Jg. 1 (1906), Nr. 6, 10-11
Online Zugriff / ÖNB 442258-B.Neu-Per
Bader-Zaar, Birgitta: "Weise Mäßigung" und "ungetrübter Blick" - die bürgerlich-liberale Frauenbewegung im Streben nach politischer Gleichberechtigung - In: Bürgerliche Frauenkultur im 19. Jahrhundert - Wien [u.a.]: Böhlau, 1995, 233-265
ÖNB 1448359-B.Neu-Per.2
Bernold, Monika, Gehmacher, Johanna: A private eye on feminist agency: reflections on self-documentation, biography, and political consciousness - In: Women's studies international forum, Jg. 22 (1999), Nr. 2, 237-247
ÖNB 1383022-C.Neu-Per
Bundespräsident Dr. Körner eröffnet Ausstellung "50 Jahre Bund österreichischer Frauenvereine" - In: Frauen-Rundschau, Jg. 4 (1953), Nr. 4, 3
ÖNB 801053-D.Neu
Die Erwerbstätigkeit der Frau : Ermittlung ihrer Ursachen durch eine Umfrage des B. Ö. F. V. - In: Die Österreicherin, Jg. 9 (1936), Nr. 2, 1-2
Online Zugriff / ÖNB 609120-C.Neu-Per
Die Hausfrauen- und Hausgehilfinnenkommission : wie der B. Ö. F. V. für diesen Erfolg vorgearbeitet hat - In: Die Österreicherin, Jg. 11 (1938), Nr. 2, 2-3
Online Zugriff / ÖNB 609120-C.Neu-Per
Hainisch, Marianne: Einladung zu der vom 28. bis 30. Juni 1918 in Wien stattfindenden X. Generalversammlung des Bundes österreichischer Frauenvereine - In: Der Bund, Jg. 13 (1918), Nr. 5
Online Zugriff / ÖNB 442258-B.Neu-Per
Internationaler Frauenkongreß : Wien 1930 ; Generalversammlung des Internationalen Frauenbundes - In: Die Österreicherin, Jg. 3 (1930), Nr. 4, 1-2
Online Zugriff / ÖNB 609120-C.Neu-Per
Zum 90. Geburtstag! [von Hertha von Sprung] - In: Frauen-Rundschau, Jg. 3 (1952), Nr. 2, 3-4
ÖNB 801053-D.Neu

Material in Archiven und Sammlungen

  • BÖFV, Archivbestände des Bundes Österreichischer Frauenvereine

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