Funktionen und Mitgliedschaften
Biografie
Marianne Beth stammte aus einer bürgerlichen Familie und maturierte 1908. Da zu dieser Zeit Frauen in Österreich noch nicht zum Jusstudium zugelassen waren, studierte sie vorerst Orientalistik. Sie heiratete 1911 den 18 Jahre älteren Universitätsprofessor Karl Beth und bekam zwei Kinder Ab 1919, nach Öffnung der juristischen Fakultät für Frauen, absolvierte sie das Rechtsstudium an der Universität Wien. Als erste Frau in Österreich promovierte sie 1921 zur Doktorin der Rechtswissenschaften. In der Kanzlei ihres Vaters, Ernst Franz von Weisl, war sie als erste Rechtsanwältin in Österreich tätig.
Als Juristin publizierte sie eine Vielzahl von Artikeln in der Wissenschafts-, Tages und Frauenpresse. Sie setzte sich für rechtspolitische Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung ein und verlagerte in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ihre Publikationstätigkeit auf diesen Themebereich. Sie veröffentlichte in zahlreichen Frauenzeitschriften auch über Österreich hinaus. So auch eine 15-teilige Serie über „Die Frau im österreichischen Recht“. Sie verfasste auch Bücher, u.a. 1931 das Handbuch „Das Recht der Frau“. Marianne Beth war eine äußert produktive Publizistin.
Ebenso war sie an Vereinsgründungen vorwiegend zur beruflichen Interessensvertretung von Frauen aktiv. 1927 war sie Begründerin der Österreichischen Frauenorganisation. 1929 war sie Mitbegründerin des österreichischen Zweigs der Internationale Vereinigung berufstätiger Frauen. Beth hielt viele Vorträge in den Frauenvereinen, auf Frauenkongressen, auf Vortragsreisen national und international. Als Präsidentin der Vereinigung der berufstätigen Juristinnen Österreichs organisierte sie im September 1936 in Wien eine Tagung der Fédération Internationale des Femmes Magistrats et Avocats an der Juristinnen aus vielen Ländern Europas sowie 15 Wiener Anwältinnen teilnahmen. Als Präsidentin der Internationale Vereinigung berufstätiger Frauen war sie Rednerin auf Internationalen Frauenkongressen und vernetzt mit Juristinnen anderer Länder wie der Deutschen Marie Munk. Marianne Beth trat ein für die uneingeschränkte Öffnung aller akademischen Berufe für Frauen und für die uneingeschränkte Berufstätigkeit der Frau, auch der Verheirateten.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Regime wurde sie 1938 als Jüdin aus der Anwaltskammer ausgeschlossen und ihr Mann, aufgrund der Ehe mit ihr, von der Universität entlassen. Die Familie emigrierte in die USA, wo Marianne Beth nicht mehr als Anwältin berufstätig war. Sie unterrichtete bis 1942 Soziologie an einem College in Portland und war später in einem Übersetzungsbüro in Chicago tätig. Ihre Karriere war mit dem Nationalsozialismus zu Ende.
verwendete Literatur und Quellen:
Marianne Beth - Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin und Universalgelehrte
Röwekamp: Juristinnen, 41-44
Lexikoneinträge
biografiA
Beth Marianne, geb. von Weisl; Rechtsanwältin, Soziologin und Orientalistin
Geb. Wien, 6. 3. 1890
Gest. Cresskill, County Bergen, N. Y. 19. 8. 1984 (Dunroven Nursing Home)
Herkunft, Verwandtschaften: Österreichische Staatsbürgerschaft, 1945 US-Staatsbürgerschaft; Rechtsanwaltsfamilie; die Mutter Charlotte, geb. Michlup, war vor der Heirat Lehrerin; der Vater Dr. Ernst Franz von Weisl, Rechtsanwalt, (3. 5. 1857 Záběhlitz bei Prag bis 24. 6. 1931 Wien). Brüder: Dr. Wolfgang (Binyamin Ze’ev) von Weisl (27. 3. 1896 Wien bis 24. 2. 1974), Arzt, Journalist, zionistischer Politiker und Dr. Georg Martin Weisl (30. 11. 1898 Wien bis 18. 11. 1974 Wien), Rechtsanwalt.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Dr.phil. Karl Beth (12. 2. 1872–9. 9. 1959), Religionsphilosoph, Univ. Prof., Vorstand des Forschungsinstituts für Religionspsychologie; Ehe geschlossen am 11. 9. 1911 in Wien (Pfarre ev. AB); zwei Kinder: Erich (Eric Walter), geb. 7. 6. 1912 und Eleonore, geb. 19. 11. 1916; Sohn und Tochter starben kinderlos, daher keine direkten Nachkommen von Marianne Beth. Nicht verwandt mit dem Wiener Rechtsanwalt Dr. Karl Beth (* 23. 8. 1897).
Freundschaften: M. B. war befreundet mit Marianne Hainisch und dem Frauenbewegungs-Zirkel rund um diese.
Ausbildungen: Privatunterricht bei der Mutter und Hauslehrern, Semesterprüfungen am Knabengymnasium; ab 1908 Studium an der Universität Wien, 1912 Promotion zum Dr. phil. (Orientalistik), 1919 Zulassung von Frauen zum Jusstudium, 1919 –1921 Rechtsstudium Universität Wien, 13. 6. 1921 Promotion zum Dr.iur., erster weiblicher Dr. iur. in Österreich und erste Frau mit zwei Doktoraten in Österreich, 1924 Rechtsanwaltsprüfung; Beherrschung mehrerer Sprachen.
Laufbahn: Beeideter Dolmetsch für die englische Sprache, erster weiblicher Konzipient in einer Rechtsanwaltskanzlei (in der Rechtsanwaltskanzlei des Vaters); 3. 7. 1928 Eintragung als Rechtsanwalt in Wien (erste Rechtsanwältin Österreichs). Nach dem Tod des Vaters 1931 führte sie gemeinsam mit ihrem Bruder Dr. Georg Weisl die Kanzlei (Wien 1, Schottenring 10) weiter. Da M. B. nach den nationalsozialistischen Rassengesetzen als Jüdin galt, musste sie ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin im Juli 1938 einstellen, die als Gerichtsdolmetscherin im August 1938. Mit Ende 1938 wurden alle „Juden“ aufgrund der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. 9. 1938 aus den Rechtsanwaltslisten gelöscht. M. B. emigrierte 1939 in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Ihr Bruder Georg flüchtete nach Kanada und kehrte zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Österreich zurück, während der andere Bruder Wolfgang in Palästina bzw. Israel blieb. Mitarbeiterin bei psychologischen und soziologischen Fachzeitschriften; Generalsekretärin des Internationalen Anwaltsverbandes; Engagement im Umkreis des Bundes Österreichischer Frauenvereine, 1926 Mitbegründerin der „Österreichischen Frauenorganisation“, 1928 Mitbegründerin des „Vereins berufstätiger Frauen in Wien“; 1939 –1942 Gastlektorin am Reed College in Portland/USA, Mitarbeiterin bei soziologischen und sozialpsychologischen Fachzeitschriften; bis 1945 Professorin für Soziologie am Reed College; nach 1945 nach eigenen Angaben „Privatgelehrte“; ab 1955 stellvertretende Leiterin des Universal Translation Bureau Chicago/Illinois. Die „Österreichische Frauenorganisation“ setzte sich für die Neugestaltung des politischen Lebens durch die Frauen ein. Als Anwältin engagierte sich M. B. für die juristischen Forderungen der Frauenbewegung und für die rechtliche Information der Frauen überhaupt. Sie verfasste Artikel zu Diskussionen über den gesetzlichen Güterstand von Ehepaaren, über die Rechte des unehelichen Kindes; Artikel über die psychologische Auswirkung der Arbeitslosigkeit bei Frauen, Literaturforschungen in 10 Sprachen, Übersetzungen in 8 Sprachen.
Ausz., Mitglsch.: 1932 (1930 Leisch-Prost) Kant-Preis; gemeinsam mit der Chemikerin Mona Spiegel-Adolf und weiteren Frauen in der „Österreichischen Frauenorganisation“ tätig, die eine „Neugestaltung des politischen Lebens durch die Frauen“ anstrebte; mit Wilhelmine Löwenstein-Brill und Illy Kjaer im „Verein berufstätiger Frauen in Wien“, diese Organisation hieß ab 1930 „Vereinigung österreichischer Klubs berufstätiger Frauen“, gehörte als solche dem Bund Österreichischer Frauenvereine und der International Federation of Business and Professional Women’s Club an und wurde 1938 aufgelöst. weitere Frauen in der „Gesellschaft der Freunde“, der M. B. angehörte und die dem BÖFV als Teilverein angegliedert war.
W. u. a.: „Neues Eherecht. Rechtsvergleichende Studie mit besonderer Berücksichtigung der Gesetzgebung von Deutschland, der Schweiz und Österreich“ (1925), „Psychologie des Glaubens“ (1930), „Das Recht der Frau“ (1931)
Barbara Sauer
Ausgewählte Publikationen
Quellen und Sekundärliteratur
Material in Archiven und Sammlungen
- Brief von Marianne Beth an Elise Richter - In: WBR/HS, Nachlass Elise und Helene Richter H.I.N. 232202-232206