FunktionärInnen und Mitglieder
Bibliothekarin
- Franzos, Marie (1900-1902)
- Mayer, Ida (1900-?)
- Weishan, Indra (1898-?)
Ehrenmitglied
Mitbegründerin
Mitglied
- Eckstein, Emma
- Glöckel, Leopoldine (?-1906)
- Hainisch, Marianne (?-1906)
- Herzfelder, Henriette (?-1906)
- Himmelbaur, Marietta (?-1906)
- Hönig, Adele
- Hönigsberg, Emma (?-1906)
- Kohen, Sidonie
- Kohn, Anna (?-1906)
- Luzzatto, Elisabeth (?-1906)
- Mautner, Klara
- Mayerhofer, Irene (?-1906)
- Minor, Daisy (?-1906)
- Nauheimer, Stephanie (?-1906)
- Polak, Ilka (?-1906)
- Popper, Minna (?-1906)
- Rösler, Dora (?-1906)
- Schmiedl, Therese (?-1906)
- Schwarz, Marie
- Sprung, Hertha (?-1906)
- Troll-Borostyáni, Irma
- Werner, Gabriele (?-1906)
- Zeileis, Friederike (?-1906)
Präsidentin
- Fickert, Auguste (1897-1910)
Vizepräsidentin
- Fickert, Auguste (1893-1896)
- Hanzel-Hübner, Mathilde (1910-1914)
- Kulka, Leopoldine (1911-1918)
- Lang, Marie (1897-1899)
- Mayreder, Rosa (1893-1903)
- Musill, Marie (1893)
- Regen, Sophie (1910)
- Rosenthal, Marie
- Turnau, Ottilie (1893)
Vorstandsmitglied
- Beer-Angerer, Elsa (1917)
- Frisch, Anna (1893)
- Gerber, Adele (1917)
- Goldscheid, Marie
- Gronemann, Caroline
- Kulka, Leopoldine (1917)
- Misař, Olga (1917)
- Müller-Cohen, Anitta (1917)
- Musill, Marie (1893)
- Nagler, Hermine (1917)
- Prager, Mathilde (1917)
- Regen, Sophie (1917)
- Rosenthal, Marie (1917)
- Schlesinger, Therese
- Spitzer, Marie (?-1906)
- Strauss, Amelie (1893)
- Touaillon, Christine (1917)
- Turnau, Ottilie (1893)
- Völkl, Marie (1893)
- Weinwurm, Flora (1893)
- Zycha, Marianne (1917)
Organisationsstruktur
- Bund Österreichischer Frauenvereine (1902-1906)
- Rechtsschutzstelle (Allgemeiner Österreichischer Frauenverein) (1902-1918)
- Sektion Friedenspartei (Allgemeiner Österreichischer Frauenverein) (1917-?)
- Beamtinnen-Sektion (Allgemeiner Österreichischer Frauenverein) (1903-1908)
- Sektion Mutterschaftsversicherung (Allgemeiner Österreichischer Frauenverein) (1914-?)
Historischer Überblick
Eine Frauenstimmrechtsbewegung konstituiert sich (im österreichischen Teil der Habsburgermonarchie) erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ab den 1880er Jahren kommt es zur Gründung zahlreicher Frauenvereine, die zuallererst an Bildungs- und Berufsmöglichkeiten für Frauen interessiert sind. Das auslösende Moment der Organisierung von Frauen ist der Entzug des Wahlrechts für steuerzahlende Frauen in Niederösterreich. 1889 ist die Bekanntgabe dieses Beschlusses für eine Anzahl von Lehrerinnen Anlass für eine Mobilisierung im Kampf um ihre politischen Rechte und das Frauenwahlrecht.
In Folge kommt es 1893 zur Gründung des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins (AÖFV), der den radikalen Flügel der österreichischen Frauenbewegung repräsentiert und der erste im engeren Sinne politische Frauenverein ist. Zentrale Person im AÖFV ist bis zu ihrem Tod 1910 Auguste Fickert. Wichtige Persönlichkeiten der ersten Jahre sind darüber hinaus: Rosa Mayreder, Ottilie Turnau, Marie Musill, Marie Lang, Therese Schlesinger. Wie auch in anderen Vereinen bleibt die Präsidentinnenstelle (vorerst) unbesetzt. Die Mitgliederzahl bewegt sich zwischen 200 und 300 Frauen, Männer können unterstützende Mitglieder werden. Das Mitspracherecht im Verein bleibt Frauen vorbehalten. Mit seinem Programm – obwohl in vielen Bereichen innovativ - kann der AÖFV nur eine Minderheit ansprechen, da er vielen bürgerlichen Frauen zu radikal ist. Der Verein ist, soweit bekannt, in keiner internationalen Frauenorganisation verankert. Mit den Sozialdemokratinnen gibt es zeitweise eine Zusammenarbeit, klar ist die Abgrenzung zum bürgerlich-christlichen Lager der Frauenbewegung.
Von anderen Frauenvereinen unterscheidet sich der AÖFV durch seine politischen Zielsetzungen. Die Konstituierung eines explizit politischen Vereins war Frauen auf Grund des Vereinsgesetzes von 1867 untersagt. Dies beeinträchtigt die organisatorischen Möglichkeiten der bürgerlich-liberalen Frauen, die nicht, wie die Sozialdemokratinnen, über eine Parteistruktur im Hintergrund verfügen. Frauenvereine dürfen sich politisch nicht betätigen, aber Frauen als Privatpersonen steht das Recht zu öffentliche Versammlungen, auch mit politischem Inhalt, einzuberufen und davon macht u.a. Auguste Fickert wiederholt Gebrauch. Vereinsziele des AÖFV sind die staatsbürgerliche Gleichstellung sowie die Zulassung zu allen Bildungsstätten und Berufsmöglichkeiten für Frauen. Dafür gibt es Kurse und Veranstaltungsabende, der Verein richtet eine Bibliothek ein mit Schwerpunkt zur Frauenfrage und gibt Vereinspublikationen heraus.
Mit Stellungnahmen zu aktuellen sozialen Fragen – wie Mutterschutz, Prostitution, Sexualität, Frauenstimmrecht - trägt der AÖFV wesentlich zur Politisierung von Frauen bei. Der AÖFV setzt sich u.a. seit Mitte der 1890er Jahre für eine Veränderung der Dienstbotinnenordnung ein, tritt für eine Reform des Ehe- und Familiengesetzes ein, thematisiert die Situation erwerbstätiger Frauen der Mittelschicht und engagiert sich für Frauen im Staatsdienst. Für diese Beamtinnen – im speziellen Postbeamtinnen – und weiblichen Angestellten, die von den Gewerkschaften und SozialdemokratInnen vernachlässigt werden, wird eine politischen Interessensvertretung angestrebt. 1902 kommt es im AÖFV zur Gründung der Beamtinnensektion. Ein weiteres erfolgreiches Projekt sind die ab 1895 eingerichteten Rechtsberatungsstellen für Frauen. Die Beratungsstellen werden 1902 zu einer eigenen Sektion im AÖFV. Für weitere Bereiche in denen der Verein aktiv ist, werden im Laufe der Zeit Sektionen gegründet: Jugend 1906, soziale Erziehung 1912, Mutterschutz 1914, Friedenspartei 1917.
Schon ab 1893 erscheint ein Vereinsorgan. Der demokratische Abgeordnete Ferdinand Kronawetter stellt den liberalen Frauen zwischen 1893 und 1897 für ihr monatliches Beiblatt „Das Recht der Frau“ sein Parteiorgan "Volksstimme" zur Verfügung. 1899 gründet der AÖFV seine eigene Zeitschrift, "Dokumente der Frauen", die von Auguste Fickert, Marie Lang und Rosa Mayreder herausgegeben werden. Das Thema der Frauenwahlrechtsbewegung nimmt breiten Platz in der Zeitschrift ein. Nachdem es zwischen Fickert und Mayreder auf der einen Seite und Marie Lang zum Zerwürfnis gekommen ist, werden die "Dokumente der Frauen" eingestellt. Von 1902 bis 1918 ist das "Neue Frauenleben" Vereinsorgan.
1902 schließen sich die bürgerlichen Frauenvereine zum Bund österreichischer Frauenvereine) (BÖFV) zusammen – der AÖFV wird Mitglied. Schon bei der Gründung des BÖFV am 5. Mai 1902 zeigen sich erste Unstimmigkeiten mit dem AÖFV. Auguste Fickert erklärt, dass der AÖFV dem BÖFV nur angehören wolle, wenn der AÖFV - als Repräsentant der fortschrittlichen Frauenbewegung – durch eine Funktionärin im Leitungsgremium vertreten sei. Weiterhin schreibt sie wiederholt kritische Artikel im „Neuen Frauenleben“, u.a. dass der BÖFV „auf wahllosen Massenanschluss ganz heterogener Elemente angewiesen ist“. Der BÖFV ist aus Sicht des AÖFV zu unpolitisch.
Virulent werden die Spannungen als in Konkurrenz zur Beamtinnen-Sektion des AÖFV ein neuer Verein konstituiert werden soll. Im Jänner 1906 mit Bekanntgabe der Gründung des Reichsvereins der Post- und Telegraphenmanipulantinnen und Posthilfsbeamtinnen kommt es zur Aufkündigung der konflikthaften Zusammenarbeit von AÖFV und BÖFV. Damit gibt es zwei Vereine mit dem Anspruch Postbeamtinnen zu vertreten. Dies führt dazu, dass der AÖFV aus dem BÖFV wieder austritt. In Folge verlassen 24 Mitglieder den AÖFV: Marie Franzos, Leopoldine Glöckel, Marianne Hainisch, Henriette Herzfelder, Marietta Himmelbauer, Emma Hönigsberg, Regine Kapper, Anna Kohn, Klara Kuffler, Elly Luzzatto, Irene Mayerhofer, Daisy Minor, Stephanie Nauheimer, Ilka Polak, Minna Popper, Dora Rösler, Therese Schmiedl, Marie Spitzer, Hertha Sprung, Gisela Werner, Regina Werner, Rosa Werner, Gabriele Werner, Friederike Zeileis. Sie argumentieren, dass die Ziele des BÖFV kein Verständnis beim Vorstand des AÖFV finden. Retrospektiv wird dies als Spaltung in einen radikalen und einen gemäßigte Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung interpretiert.
Nach Auguste Fickerts Tod 1910 bleibt die Präsidentinnenschaft vorerst unbesetzt. Frauenbewegung/en werden im Zuge des Ersten Weltkriegs zunehmend national und auch antisemitische Tendenzen sind aus vielen Frauenvereinen dokumentiert, so auch aus dem AÖFV und dem BÖFV, obwohl in beiden Vereinsvorständen jüdische Frauen eine wesentliche Rolle spielen. Auch Auguste Fickert, obwohl antiklerikal eingestellt, hat ein ambivalentes Verhältnis zum Antisemitismus. So kommt es nach ihrem Tod zu antisemitischen Diskussionen ausgelöst durch Nachfolgeansprüche von Leopoldine Kulka, gleichzeitig mit Spannungen zwischen AÖFV-Aktivistinnen um die Weiterführung der Vereinsspitze sowie die Herausgeberschaft der Zeitschrift. Mathilde Hanzel-Hübner, die bisher keine wichtige Funktion in der ersten Reihe des Vereins spielt, wird 1910 Vizepräsidentin gemeinsam mit Sofie Regen.
Mit dem Ersten Weltkrieg ist der Kampf um das Frauenwahlrecht zunächst unterbrochen. Ab 1916 beginnen bürgerliche und sozialdemokratische Frauen wieder für das Frauenwahlrecht zu agitieren. Ab Mai 1917 und der Wiederaufnahme der Tätigkeit des Österreichischen Parlaments halten Frauenorganisationen wieder Versammlungen ab und bringen in den Reichstag gemeinsame Anträge für das Frauenwahlrecht ein. Eine weitere Kontroverse innerhalb der Frauenbewegung während des Ersten Weltkriegs stellt die Debatte um Pazifismus dar. Der AÖFV hält im Gegensatz zu anderen bürgerlichen Frauenvereinen an seiner pazifistische Grundhaltung fest und unterstützt Initiativen zur Beendigung des Krieges. Dazu gehört die Beteiligung von Leopoldine Kulka und Olga Misar am Haager Friedenskongress vom 28. April 1915. In Folge entsteht im Dezember 1917 die Friedenspartei, als Sektion des AÖFV, die sich trotz des Verbots pazifistischer Tätigkeit für die Beendigung des Krieges einsetzt.
1919 löst sich der Verein auf. Eine ganze Reihe von Frauen des radikalen Zweigs der bürgerlichen Frauenbewegung, die vor dem Ersten Weltkrieg unter anderem im Rahmen des AÖFV aktiv sind, verlagern ihre politischen Aktivitäten in der Ersten Republik auf eine internationale Ebene und finden dafür in der Womens International League for Peace and Freedom einen Rahmen.
verwendete Literatur und Quellen:
Aus dem allgemeinen österreichischen Frauenvereine. - In: Der Bund 1 (1906) 6
Flich: Der Fall Auguste Fickert - eine Lehrerin macht Schlagzeilen. - In: Wiener Geschichtsblätter 45 (1990) 1
Hecht: Zwischen Feminismus und Zionismus
Leisch-Prost: Weiblichkeit und Bürgertum. - In: Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst 41 (1986) 1
Neues Frauenleben 15 (1903) 6, 19-21
Niederkofler: "... und halten wir es für äußerst peinlich, einen bestehenden Spalt in die Öffentlichkeit zu zerren“