Frauenzentralkomitee der SDAPÖ

Namen und Abkürzungen
Frauenreichskomitee (Namensänderung)
Frauenreichskomitee Österreichs (Namensänderung)
Frauenzentralkomitee der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs
Sozialdemokratisches Frauenreichskomitee (Namensänderung)
Frauenzentralkomitee
SPÖ Bundesfrauen (Nachfolgeorganisation)
Gründung
1898
Auflösung
1934
Sitz
Wien 5, Rechte Wienzeile 97
Wien 1, Löwelstraße 18 (heute)

FunktionärInnen und Mitglieder

Mitglied

Vorsitzende

Organisationsstruktur

Historischer Überblick

1898 verkündete ein in Wien konstituiertes sozialdemokratisches Frauenkomitee die Einberufung einer Frauenkonferenz. Am 9. und 10. April 1898 fand diese ohne Absprache mit Partei und Gewerkschaft im Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein statt. Im Anschluss daran kam es zur Gründung eines Frauenreichskomitees, bestehend aus 12 Personen, dessen Funktionärinnen mehrheitlich aus dem proletarischen Milieu kamen.

Ziel war es, ein beratendes, richtunggebendes Gremium für die Arbeiterinnenbewegung zur Mobilisierung von und Agitation unter den Arbeiterinnen und eine politische Organisation gemeinsam mit den Frauen aus der Provinz zu schaffen. Die Organisierung der Frauen - zunächst außerhalb und ab 1918 innerhalb der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) - sollte über Frauenkomitees und Frauenkonferenzen auf der Reichs-, Landes-, Bezirks- und Kreisebene erfolgen. Oberste Frauengremien waren die Frauenreichskonferenz und das Frauenreichskomitee.

Partei und Gewerkschaft lehnten die Bildung einer selbständigen Frauenorganisation ab. Hatte der Linzer Parteitag 1898 den Frauen noch jede eigenständige politische Aktivität verwehrt, so wurde am Reichenberger Parteitag 1909 die Frauenreichskonferenz von der Parteileitung als Parteiinstitution mit selbständigem Vertretungsrecht anerkannt. Inhaltliches Anliegen der Frauen war die Erringung des Frauenwahlrechts. 1905 kam es zu einem Umschwung der Sozialdemokratinnen auf die offizielle Parteilinie, die das allgemeine Männerwahlrecht forderte. Dies führte zu einer Distanzierung von Seiten der bürgerlich-liberalen Frauenvereine.

Im Oktober 1918 wurde der §30 des Vereinsgesetzes - das Beitrittsverbot von Frauen zu politischen Vereinen - aufgehoben und in Folge am SDAPÖ-Parteitag im November 1918 die gemeinsame Organisierung von Männern und Frauen beschlossen, die von den meisten Funktionärinnen begrüßt wurde. Die Organisationsstatuten legten fest, dass auf allen Ebenen Frauenkomitees im Einvernehmen mit den zuständigen Parteiorganisationen arbeiten sollten und weibliche Parteimitglieder in den Ausschüssen aller Parteiorganisationen vertreten sein sollten. Mindestens alle zwei Jahre - in der Regel vor den Parteitagen - sollte eine Frauenkonferenz stattfinden, die vom Frauenzentralkomitee einzuberufen sei. Das Frauenzentralkomitee werde von dieser Konferenz gewählt und habe im Bereich der Frauenpolitik im Einvernehmen mit dem Parteivorstand zu wirken. Es gab einige kritische Stimmen, unter anderem von Gabriele Proft, gegenüber einem Verzicht auf eine unabhängige Frauenorganisation. Die Kritik ging dahin, dass die Organisierung von Frauen sowie von Frauenzeitungen behindert würde und die Fraueninteressen der allgemeinen Politik untergeordnet würden.

Ging es den Frauen anfänglich in ihren politischen Forderungen um die Erringung des Frauenwahlrechts so wurde nach 1918 das Parlament zu einem zentralen Ort der Verhandlung sozialdemokratischer Politik. Sozialdemokratische Parlamentarierinnen, die in den Nationalrat einzogen, engagierten sich für verschiedene frauenpolitische Themen, wie gleichen Zugang zu Bildung und Beruf, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Gleichstellung der Frauen im Familienrecht, Forderung nach einer Fristenlösung und Einbeziehung aller lohnabhängig arbeitenden Frauen in ein umfassendes Sozialversicherungssystem. Die Mehrfachbelastung der Frauen durch Berufstätigkeit, Familie und Haushalt war wichtiges Thema der Publikationsorgane der Frauen, kaum jedoch kamen Formen der Vergesellschaftung von Haus- und Familienarbeit zur Sprache.

Die Frauenreichskonferenzen fanden ab 1920 unregelmäßig am Vortag der Parteitage statt. Acht Frauen aus Wien und Vertreterinnen aus allen Landesorganisationen bildeten das Frauenzentralkomitee, Politikerinnen, die schon vor dem ersten Weltkrieg in der Frauenbewegung aktiv gewesen waren. Erst Anfang der 1930er Jahre, kurz vor dem Verbot der SDAPÖ, kam es zu einem Generationswechsel.

Wichtige Funktionen innerhalb der Partei wurden in der Illegalität ab 1933 von jüngeren Frauen, wie Rosa Jochmann, Paula Mistinger-Mraz, Marie Jahoda, Käthe Leichter und Helene Potetz übernommen.

verwendete Literatur und Quellen:

Hauch: Frauenbewegungen - Frauen in der Politik. - In: Handbuch des politischen Systems Österreichs, 277-291
Programm und Organisation der deutschösterreichischen Sozialdemokratie

verfasst von: Lydia Jammernegg

Ausgewählte Publikationen

Der Frauentag / Red. Adelheid Popp - Wien: Vorwärts, 1911
Online Zugriff / ÖNB 477890-C.Neu
Die Frau : sozialdemokratische Monatsschrift für Politik, Wirtschaft, Frauenfragen, Literatur / Hrsg.: Adelheid Popp. Für die Red. verantw.: Eugenie Brandl - Wien: Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs ; Vorwärts, 1924-1984
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per
Frauentag / Eigentümer, Verlag und Herausgeber: Frauenreichskomitee; Verantwortlicher Redakteur: Eugenie Brandl - Wien: Vorwärts, 1924-1933
Online Zugriff / ÖNB 664832-C.Neu
Frauenwahlrecht und Arbeiterinnenschutz : Verhandlungen der dritten sozialdemokratischen Frauenkonferenz in Österreich - Wien: Vorwärts, 1908
Online Zugriff / ÖNB 459687-B.Neu
Gedenkbuch 20 Jahre österreichische Arbeiterinnenbewegung / im Auftrage des Frauenreichskomitees hrsg. von Adelheid Popp - Wien: Kommissionsverl. der Wr. Volksbuchhandlung "Vorwärts", 1912
Online Zugriff / ÖNB 231744-B.Neu
Mitteilungen des Frauenzentralkomitees / Frauenzentralkomitee - Wien, 1931
VGA Wien B 198
Parteigenossinnen! - In: Arbeiterzeitung, Jg. 34 (3. Oktober 1922), Nr. 264, 2
Online Zugriff / ÖNB 393854-E.Neu-Per
Protokoll der Verhandlungen der sozialdemokratischen Frauenreichskonferenz 1927 / Hrsg. vom Frauenzentralkomitee - Wien: Vorwärts, 1927
Online Zugriff / ÖNB 300488-B.Neu
Zehn Jahre gemeinsame Organisation / Hrsg. u. Verl.: Frauenreichskomitee Österreichs. Für den Inhalt verantw.: Eugenie Brandl - Wien: Vorwärts, [1930]
Online Zugriff / ÖNB 835155-B.Neu

Quellen und Sekundärliteratur

Die Frauenreichskonferenz [am 7. und 8. Oktober 1929] - In: Die Frau, Jg. 38 (1929), Nr. 11, 3-39
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per
Die Frauenreichskonferenz in Linz [am 29. Oktober 1926] - In: Die Frau, Jg. 35 (1926), Nr. 11, 1
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per
Die sozialpolitische Gesetzgebung und die Frauen - In: Die Frau, Jg. 33 (1924), Nr. 12, 3-4
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per
Popp, Adelheid: Der Weg zur Höhe : die sozialdemokratische Frauenbewegung Österreichs ; ihr Aufbau, ihre Entwicklung und ihr Aufstieg / hrsg. vom Frauenzentralkomitee der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs - Wien: Frauenzentralkomitee der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs, 1929
Online Zugriff / ÖNB 577331-B.Neu

Material in Archiven und Sammlungen

  • VGA Wien, Sacharchiv, Sozialdemokratische Frauenbewegung bis 1918 Lade 6, Mappe 19
  • VGA Wien, Sacharchiv, Sozialdemokratische Frauenbewegung 1918 bis 1937 Lade 6, Mappe 20
  • VGA Wien, Nachlass und Personenarchiv Rosa Jochmann, Lade 21, Mappe 34
  • Frauen-/Arbeiterinnenschule 6. bis 25. September 1926: Unterlagen - In: VGA Wien, Personennachlass, Gabriele Proft Karton 4, Mappe 9/5

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