Světlá, Karolina

Namen und Abkürzungen
Muzák, Johanka
Muzak, Johanna
Mužáková, Johanka (Ehename)
Muzáková, Karolina
Rottová, Johanka (Geburtsname)
Rottová, Johanna
Rottová, Karolina
Svetla, Karolina (Pseudonym)
Světlé, Karoliny
Geburtsdaten
24.02.1830, Prag
Sterbedaten
7.09.1899, Prag
Berufe und Tätigkeiten
Schriftstellerin, Publizistin, Vereinsfunktionärin

Funktionen und Mitgliedschaften

Amerikanischer Klub der Damen: Mitbegründerin, Vorsitzende
Zensky Vyrobní Spolek Cesky: Mitbegründerin, Vorsitzende

Biografie

Karolina Světlá wurde 1830 als Johanna Rottová in eine deutschsprachige Familie des Prager Großbürgertums geboren. Nur wenige Jahre besuchte sie die deutsche Schule, dann erhielt sie mit ihren Geschwistern Privatunterricht auf Französisch, Tschechisch und Deutsch. Mit vierzehn Jahren lernte sie Petr Mužák, den Musiklehrer der Familie und späteren Realschulprofessor, kennen, der sie in die tschechische Gesellschaft einführte und 1849 mit der Schriftstellerin Božena Nemcová bekannt machte. Die beiden Frauen verband eine langjährige Freundschaft und Austausch über das jeweilige schriftstellerische Schaffen, wie der überlieferte Briefwechsel belegt. Božena Nemcová führte Karolina Světlá und ihre Schwester Sofie Podlipská in die Lektüre George Sands ein, die ein großes Vorbild der Schwestern wurde.

1852 heiratete Karolina Světlá Petr Mužák und gebar im selben Jahr eine Tochter, die jedoch nach wenigen Monaten verstarb. In Folge litt sie an starken Depressionen und zog zur Genesung an den Geburtsort ihres Mannes am Fuße des Jeschkengebirges (Ještědský hřbet). Dort begann sie auch mit dem Verfassen ihrer ersten literarischen Werke und publizierte diese unter dem Pseudonym Karolina Světlá. Ihre erste Kurzgeschichte „Dvojí probuzení“ („Zweifaches Erwachen“) wurde 1858 in "Máj", dem ersten tschechischen Almanach, publiziert. Durch den AutorInnenkreis des "Máj" lernte Karolina Světlá die Schriftsteller Jan Neruda und Vítězslav Hálek kennen und orientierte sich stark an der literarischen Programmatik des Kreises. Mit ersterem verband sie eine kurze Affäre und mehrjährige Korrespondenz, was einen kurzfristigen Skandal in der Prager Literaturszene auslöste.

Zwischen 1859 und 1866 publizierte Karolina Světlá ihre sogenannten „Salon-Novellen“ („salonní novely“) - Bildungsromane in denen sie in der Tradition des Máj-Kreises Milieustudien des Prager Großbürgertums verfasste und einen tschechischen Nationalismus vertrat. Anhand der Entwicklungen der zentralen weiblichen Figuren der Werke werden kritische Gesellschaftsfragen und das Recht der Frau auf Selbstständigkeit diskutiert. Im 1861 publizierten Roman „První Češka“ („Die erste Tschechin“) steht eine Heldin im Mittelpunkt der nationalen „Wiedergeburt“ Tschechiens in der Zeit vor dem Revolutionsjahr 1848.

Erfolgreicher waren jedoch die Werke des zweiten Themenkreises Karolina Světlás, die sogenannte Prosa, die in den 1870er Jahren entstand und von der Autorin 1880 gesammelt unter dem Titel „Kresby z Ještědí“ publiziert wurde. Das berühmteste Stück dieser Kurzprosasammlung ist „Hubička“, („Der Kuss“), das 1871 zum ersten Mal veröffentlicht und 1875 von Eliška Krásnohorská für die Oper Bedřich Smetanas dramatisiert wurde. Auch beim Jeschken-Zyklus handelt es sich um Sozialstudien, in denen sie jedoch den Alltag in den Dörfern im Gegensatz zum Prager Bürgertum darstellte und zahlreiche volkskundliche Details einbaute.

Neben ihren belletristischen Werken verfasste Karolina Světlá auch eine umfangreiche Sammlung an Aufsätzen zur „Frauenfrage“ und Memoiren, die sie nach ihrer Erblindung ab 1875 ihrer Nichte Anežka Čermáková-Sluková diktierte und zwischen 1878 und 1897 publizierte. Karolina Světlá spielte vor allem aufgrund ihrer regen Vereinstätigkeiten eine wichtige Rolle in der tschechischen Frauenbewegung. 1865 war sie an der Gründung des Americký klub dam beteiligt. 1871 gründete sie den Ženský Výrobní Spolek Český und war bis 1880 auch dessen Präsidentin sowie Redakteurin der Vereinszeitschrift „Ženské listy“. Mit Eliška Krásnohorská zählt sie zu den Gründerinnen des Frauenvereins „Minerva“, der sich für die Mädchenbildung einsetzte und 1890 ein Mädchengymnasium einrichtete.

verwendete Literatur und Quellen:

Chitnis: Světlá, Karolina (1830-1899). - In: A biographical dictionary of women's movements and feminisms, 548-551
Geschichte der tschechischen Literatur

verfasst von: Elena Fürst

Lexikoneinträge

Österreichisches biographisches Lexikon

Muzáková Johanka, geb. Rottová, Ps. Karolina Svetlá, Schriftstellerin. * Prag, 24. 2. 1830; + Prag, 7. 9. 1899. Ältere Schwester der Schriftstellerin Sofie Podlipská; stammte aus einer alten Kaufmannsfamilie, in der sich tschech. und dt., kath. und evang. Elemente mischten. Das gefühlvolle und durch Privatstud. hochgebildete Mädchen, dem im Elternhaus jede Beschäftigung mit der Literatur untersagt war, wurde von der tschech. nationalen Bewegung begeistert. 1852 heiratete sie den patriot. gesinnten Zeichenlehrer P. Muzák. Nach dem Tode der einzigen Tochter, der sie in eine schwere Krankheit stürzte, und nach kurzer Liebesbeziehung zu dem Dichter J. Neruda, die sie mit Selbstverleugnung abbrach, widmete sie sich ausschließlich ihrer schriftsteller. Arbeit und der Tätigkeit in der Frauenbewegung. Ab 1886, als sie an einem Augenleiden erkrankte und gezwungen war, ihre Arbeiten zu diktieren, lebte sie ständig in Prag. Unter dem Einfluß von B. Nemcová und G. Sand trat M. 1858 im Almanch der jungen Dichtergeneration, "Máj" (Mai), erstmals an die Öffentlichkeit. Sie publ. dann ihre Erz. und Romane in den Z. "Posel z Prahy" (Bote aus Prag), "Obrazy zivota" (Lebensbilder), "Kvety" (Blüten), "Lumir", "Svetozor" (Weltrundschau), "Zenské listy" (Frauenbll.) etc. M. ist neben B. Nemcová und T. Nováková die bedeutendste tschech. Schriftstellerin des 19. Jh. Sie schuf den tschech. Roman mit kompliziertem Aufbau und huldigte darin eth. und allg. menschlichen Idealen. Sie schrieb Gesellschaftsnovellen mit nationaler und sozialer Problematik und beschäftigte sich oft mit der Frauenemanzipation. Verschiedene Stoffe für ihre Romane und Erz. entnahm sie dem Milieu und der Geschichte Alt-Prags. Die Quelle ihrer künstler. reifsten literar. Arbeiten wurde jedoch die von ihr ab 1853 alljährlich besuchte Heimat ihres Mannes, das Jeschkengebirge und dessen Bewohner. Die präzise charakterisierten Gestalten, vor allem Frauen, sind erfüllt von echten Idealen, für deren Verwirklichung sie ihr eigenes Glück aufzuopfern bereit sind. Deswegen spricht man bei M.s Romanen von einem Messianismus der weiblichen Aufopferung.

Ausgewählte Publikationen

Muzak, Johanna: Kresby z Jestedi. (Zeichnungen aus dem Jeschkenberge) - Prag: Otto, 1880
ÖNB 50666-A.Neu
Muzak, Johanna: Posledni ponstevnice. (Die letzte Einsiedlerin) - Prag, 1886
ÖNB 390883-A.Neu.2,1
Muzak, Johanna: Povidky a novely. (Erzählungen und Novellen) - Prag, 1881
ÖNB 146138-B.Neu.19
Muzak, Johanna: Proni Ceska. (Die erste Böhmin : Roman) - Prag, 1861-
ÖNB 163725-B.Neu.11
Muzak, Johanna: Satanas. (Der Sathanas : ein Zeitbild aus dem Riesengebirge) - Kön. Weinberge, 1885
ÖNB 390883-A.Neu.2
Muzak, Johanna: Sebrane spisy. (Gesammelte Schriften) - Prag: Otto, 1899-1904
ÖNB 96605-B.Neu
Muzak, Johanna: Skapulir. (Das Skapulier : Erinnerungen aus den Napoleonskriegen) - Prag, 1889
ÖNB 390883-A.Neu.5,4
Muzak, Johanna: Sylva : eine Dorfgeschichte - Stuttgart ; Wien: Roth, 1900
ÖNB 408906-B.Neu
Muzak, Johanna: V hlozinach. (Im Gesträuche : Erzählungen aus Nordböhmen) - Prag, 1887
ÖNB 44764-A.Neu.26
Muzak, Johanna: Z literarniho sonkromi. (Aus der literarischen Einsamkeit) - Prag, 1897
ÖNB 188346-B.Neu.2
Světlá, Karolina: Cikanka (Die Zigeunerin : Erzählung) - Prag: Otto, 1873
Online Zugriff / ÖNB 59708-A.Neu
Světlá, Karolina: Konec a pocatek. (Ende und Anfang : Novelle) - Prag: Otto, 1874
Online Zugriff / ÖNB 64892-A.Neu
Světlá, Karolina: Kriz u potoka: vesnicky roman. (Das Kreuz am Bache : ein Dorfroman) - Prag: Gregr a Dattl, 1868 [u.a.]
Online Zugriff / ÖNB 122852-A.Neu
Světlá, Karolina: Laska k basnikovi. (Die Liebe zum Dichter : Roman) - Prag, 1860
Online Zugriff / ÖNB 107213-A.Neu.4,3.4
Světlá, Karolina: Na usvite. (In der Morgendämmerung : aus den Memoiren einer Böhmin ; ein Roman) - Prag: Kober, 1864 [u.a.]
Online Zugriff / ÖNB 190689-A.Neu
Světlá, Karolina: O krejcikove Anezce. (Von des Schneiderleins Agnes : Bild aus Jeschtud) - Prag, 1860 [u.a.]
Online Zugriff / ÖNB 107213-A.Neu.5,4
Světlá, Karolina: Rozcesti. (Der Scheideweg : eine Novelle) - Prag: Kober, 1866
Online Zugriff / ÖNB 69802-A.Neu
Světlá, Karolina: Spisy. (Schriften) - Prag: Greger & Dattl [u.a.], 1874-1918
ÖNB 62183-A.Neu (Bd. 1-5)
Světlá, Karolina: Zvoneckova kralovna. (Die Glöckchenkönigin) - Prag: Gregr, 1872
Online Zugriff / ÖNB 57524-A.Neu

Quellen und Sekundärliteratur

Thomas, Alfred: Form, gender and ethnicity in the work of three nineteenth-century Czech women writers - In: Bohemia, Jg. 38 (1997), Nr. 2, 280-297
ÖNB 931598-C.Neu-Per

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