Funktionen und Mitgliedschaften
Biografie
Rosa Obermayer wurde in Wien in eine kinderreiche Familie geboren. Ihr Vater war Besitzer eines bekannten Gasthauses, des Winterbierhauses. Eine höhere Bildung blieb ihr versagt, obwohl sie sich unter anderem für Philosophie interessierte. Sie besuchte Privatmädcheninstitute. Mit Erlaubnis ihres Vaters nahm sie an den Griechisch- und Lateinstunden ihrer Brüder teil. Schon früh widersetzte sie sich den Beschränkungen, die dem weiblichen Geschlecht in Bezug auf Bildung auferlegt wurden. 1881 heiratete sie den Architekten Karl Mayreder, die Ehe blieb kinderlos.
Ihren beruflichen Weg begann sie als Malerin, wodurch sie der Öffentlichkeit bekannt wurde. Eine Tatsache, die heute fast schon in Vergessenheit geraten ist. Ihre Bilder wurden in Dresden, Berlin, Wien - 1891 im Wiener Künstlerhaus - und in Chicago bei der Weltausstellung gezeigt. 1897 gründete sie gemeinsam mit anderen Malerinnen die Kunstschule für Frauen und Mädchen (später: Wiener Frauenakademie), um Frauen und Mädchen eine kunstgewerbliche Ausbildung zu ermöglichen.
Rosa Mayreder beschäftigte sich mit der Frauenfrage einerseits als Aktivistin der Frauenbewegung und andererseits als Schriftstellerin und Publizistin in ihren Essays, Aufsätzen und Zeitungsartikeln. Sie gilt (heute) als wichtige Vertreterin des linken Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung. Seit 1888 stand sie in Verbindung zum Kreis um Marie Lang. Ihre erste öffentliche Rede hielt sie 1894 im alten Wiener Rathaus zum Thema Prostitution. Sie gehörte zu den Mitbegründerinnen des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, dessen Vizepräsidentin sie von 1893 bis 1903 war. Gemeinsam mit Auguste Fickert und Marie Lang gab sie ab 1899 die Zeitschrift "Dokumente der Frauen" heraus. Während des Ersten Weltkriegs begann sie sich in der internationalen Frauenfriedensbewegung zu engagieren. 1920 gehörte sie zu den Gründerinnen des österreichischen Zweigs der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit und anlässlich des Wiener Kongresses der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit 1921 veröffentlichte sie die Broschüre „Die Frau und der Internationalismus". Darüber hinaus war sie in einer Reihe weiterer Vereine aktiv.
Mit ihren beiden Essaybänden "Zur Kritik der Weiblichkeit" (1905) und "Geschlecht und Kultur" (1923) gehört sie zu den wichtigsten Theoretikerinnen der ersten österreichischen Frauenbewegung. Sie beteiligte sich damit an den zeitgenössischen Debatten zur Frauenfrage und Emanzipation, zu denen sie ihre Konzepte und Theorien entwickelte. In ihren Analysen setzte sie sich mit Fragen der Geschlechterbeziehungen und dem Zusammenhang zwischen Macht und Sexualität auseinander. Sie kritisierte darin die Diskriminierung der Frauen und wendete sich gegen die bestehende bürgerliche Doppelmoral, die unterschiedliche Moralkodizes für Männer und Frauen vorsah. Rosa Mayreder hinterließ ein umfangreiches schriftstellerisches Werk. Neben Essays schrieb sie Novellen, Erzählungen, Gedichte und Libretti, außerdem publizierte sie zahlreiche Artikel in der Frauen- und Tagespresse.
Heute erfährt Rosa Mayreder durch ihre zahlreichen Schriften eine breite Rezeption und gehört dadurch zu den bekanntesten Akteurinnen der ersten Frauenbewegung in Österreich. Dazu beigetragen hat eine Ausstellung über sie im Historischen Museum der Stadt Wien im Jahr 1989 zum Thema "Aufbruch in das Jahrhundert der Frau? Rosa Mayreder und der Feminismus um 1900". Weiters erschienen 60 Jahre nach ihrem Tod 1998 ihre Jugenderinnerungen aus ihrem Nachlass. Nach ihr benannt wurde das 1999 gegründete Rosa Mayreder College in Wien, das sich der feministischen Bildungsarbeit widmet. Im 4. Wiener Gemeindebezirk gibt es seit 2005 den Rosa-Mayreder-Park und im 22. Bezirk eine Mayredergasse.
verwendete Literatur und Quellen:
Braun-Prager, Augspurg, Heymann: Rosa Mayreder. - In: Die Frau im Staat 11 (1928) 11, 3 - 5
Elsen: Rosa Mayreder : ein Leben in Daten und Fakten. - In: versalia
Leisch-Prost: Mayreder, Rosa. - In: A Biographical Dictionary of Women's Movements and Feminisms, 319-321
Lexikoneinträge
biografiA
Mayreder Rosa, geb. Obermayer, Ps. Franz Arnold; Schriftstellerin, Frauenrechtsaktivistin und Malerin
Geb. Wien, 30. 11. 1858
Gest. Wien, 19. 1. 1938
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Gasthausbesitzer; Mutter: Maria Engel, zwölf Geschwister. Ihre Brüder waren ihr nach eigener Aussage immer vorgezogen worden; sie galt als „Blaustrumpf“ der Familie, in der jegliche intellektuelle Betätigung von Frauen verpönt war.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1881 Heirat mit Karl Mayreder, Architekt, Professor und Rektor an der Technischen Hochschule in Wien.
Ausbildungen: Besuchte 1865 das Privatmädcheninstitut der Maria Hanasek in Wien I., 1868 trat sie in das Institut der Sophie Paulus in der Spiegelgasse ein. Erhielt Privatunterricht in Französisch, Malerei und Klavierspiel.
Laufbahn: In einer Zeit, in der die Möglichkeiten für Frauen am öffentlichen Leben teilzunehmen mehr als ungenügend waren, versuchte sie aus den weiblichen Zwängen auszubrechen, sich Wissen und Bildung anzueignen, Sie malte und war die erste Frau, die Aufnahme im Aquarellistenclub fand. 1891 wurden erstmals Aquarelle von R. M. in der Jahresausstellung des Wiener Künstlerhauses gezeigt. Sie gründete 1897 die Kunstschule für Frauen und Mädchen. In ihren naturalistischen Romanen und Novellen kleidete sie ihre theoretischen Gedanken in literarische Formen. Für Hugo Wolfs Oper „Der Corregidor“ verfasste R. M. das Libretto. Unter dem Pseudonym Franz Arnold schrieb sie als Kunstkritikerin für die „Neue Freie Presse“. Ihre größte Bedeutung liegt aber in ihren kulturphilosophischen Essays, in denen sie die großen Themen ihrer Zeit aufgriff. R. M.s Studien konzentrierten sich auf tradierte Weiblichkeitsideale und Thesen zur weiblichen Natur, die zu ihrer Zeit verstärkt den wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskurs bestimmten. Ihr Emanzipationsbegriff, der Männer und Frauen meinte, verlangte die Anwesenheit von Frauen im öffentlichen Leben, daher war die Frauenbewegung für sie ein notwendiges gesellschaftspolitisches Phänomen. Gleichberechtigungsforderungen auf beruflicher und sozialer Ebene waren für R. M. ein historisch notwendiger Schritt, als Voraussetzung für eine humane Emanzipation, nicht jedoch als Selbstzweck bloßer Anpassung der Frauen. Ihr Engagement für eine menschliche Emanzipation äußerte sich auch in ihren pazifistischen Bestrebungen, ihrem Bekenntnis zum Internationalismus und in der Verurteilung rassistischer Diskriminierung. R. M. war zu ihren Lebzeiten in Wien eine anerkannte und bekannte Persönlichkeit. Nach 1945 geriet sie allmählich in Vergessenheit, wurde aber von der Zweiten Frauenbewegung in den 1980er Jahren wieder entdeckt und rezipiert.
Ausz., Mitglsch.: Mitbegründerin und Vizepräsidentin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, Vorsitzende in der Frauenliga für Frieden und Freiheit, Mitglied der Österreichischen Friedensgesellschaft, Mitglied der Österreichischen Liga für Menschenrechte, erstes weibliches Mitglied im Aquarellistenclub. Ab 1928 Ehrenbürgerin der Stadt Wien. Nach ihr wurden das 1999 gegründete „Rosa-Mayreder-College“ und 2005 ein Park benannt.
W. u. a.: „Aus meiner Jugend. 3 Novellen“ (1896), „Idola. Geschichte einer Liebe“ (1899), „Pippin, ein Sommererlebnis“ (1908), „Zur Kritik der Weiblichkeit“ (1905), „Fabeleien über göttliche und menschliche Dinge“ (1921), „Geschlecht und Kultur“ (1923), „Anda Renata. Ein Mysterium in 2 Teilen und 12 Bildern“ (1934), „Gaben des Erlebens. Sprüche und Betrachtungen“ (1935), „Das Haus in der Landskrongasse“ (1948), „Tagebücher 1873 –1937. Hg. und eingel. von Harriet Anderson“ (1988)
Friedrichs: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts
MAYREDER, geb. Obermayer, Rosa (Pseud.: Franz Arnold)
geb. 30.11.1858 in Wien
gest. 19.1.1938 in Wien
Sie gehörte zur Frauenbewegung, war Soziologin, Philosophin, auch Malerin. Geh. 1881 Architekt Professor Karl Mayreder.
Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftstellerlexikon
MAYREDER-OBERMAYER Rosa, IV. Plösslgasse 4, Geb. Wien, 30. Nov. 1858, war als Malerin Schülerin von Hugo Darnaut und Hugo Charlemont, verfasste: "Aus meiner Jugend", Novellen; den Text zu Hugo Wolf''s Oper "Der Corregidor", "Uebergänge", Novellen; "Idole", Roman; malt Landschaften und Stilleben, ist hauptsächlich Aquarellistin, Vicepräsidentin des allgemeinen österr. Frauenvereines und schrieb 1898-1899 (unter dem Pseud. Franz Arnold) Kunstberichte für die "Neue Freie Presse"; ist seit 1881 mit dem Architekten Prof. Karl Mayreder vermählt.
Köhler-Lutterbeck, Siedentopf: Lexikon der 1000 Frauen
Mayreder, Rosa, geb. Obermayer (Ps. Franz Arnold)
Frauenrechtlerin
30.11.1858 (Wien) - 19.1.1938 (ebd.)
Die Tochter eines wohlhabenden Gastwirts betätigte sich seit ihrer Jugend als Malerin und Schriftstellerin und verfasste u.a. nach der spanischen Novelle "Der Dreispitz" das Libretto zu H. Wolfs Oper "Der Corregidor". 1881 heiratete sie ihren Jugendfreund, den Architekten und späteren Rektor der Technischen Hochschule Wien Karl M. Im Haus der Frauenrechtlerin M. Lang lernte M. Anfang der 1890er Jahre M. Hainisch kennen, trat 1893 dem neugegründeten "Allgemeinen Österreichischen Frauenverein" bei, der die radikale Richtung der österreichischen Frauenbewegung vertrat, und wurde bald Vorstandsmitglied und Vizepräsidentin. Gemeinsam mit Lang und A. Fickert gab sie ab 1899 die Zeitschrift "Dokumente der Frauen" heraus. Während des Ersten Weltkriegs engagierte sich M. in der Friedensbewegung und war von 1919 an Vorsitzende der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit" (IFFF). In ihrem Hauptwerk, der zweibändigen Essaysammlung "Zur Kritik der Weiblichkeit" (1905) und "Geschlecht und Kultur" (1923), das eine weite Verbreitung fand und auch ins Englische übersetzt wurde, kritisierte sie die Diskriminierung von Frauen, ihre Herabwürdigung zum Sexualobjekt sowie die bestehende Doppelmoral. 1948 erschien der erste Teil ihrer Erinnerungen mit dem Titel "Das Haus in der Landskrongasse", der zweite Teil "Mein Pantheon" wurde erst zu ihrem 50. Todestag 1988 veröffentlicht.
Lexikon der Frau
Mayreder, Rosa, geb. Obermayer, österr. Soziologin u. Philosophin, *Wien 30.11.1858, +ebda 19.1.1938. Ausbildung als Malerin. Verh. 1881 mit Prof. Karl M. 1893 Mitgründerin des Allg. Österr. Frauenvereins, bis 1903 Vizepräs.; nach 1919 Vors. der Internat. Frauenliga für Frieden u. Freiheit. Schrieb Romane, Novellen, Ged.; war auch als Malerin bek. Schülerin von Darnaut u. Charlemont, korresp. Mitgl. der Aquarellisten-Klubs. Von den drei haupts. Ursachen der Frauenbewegung, der ökonom., sozialen u. ethisch-psycholog., erforschte sie bes. die dritte.
Lexikon deutscher Frauen der Feder
Mayreder-Obermayer, Rosa, Wien, geboren zu Wien 30. November 1858, ist seit 1881 verheiratet mit Professor Karl Mayreder, Architekt und Chef des Regulierungsbureaus der Stadt Wien. Sie ist Verfasserin des Textes zu der am 7. Juni 1896 in Mannheim das erste Mal aufgeführten Oper: "Der Corregidor", komponiert von Hugo Wolf. Ein Teil der in Buchform herausgegebenen unten angeführten Novellen war schon früher in der Berliner Neuen Zeitschrift "Neue Revue" erschienen. Frau R. M. ist auch Vice-Präsidentin des "allgemeinen österreichischen Frauenvereins", der in der Frauenbewegung den radikalen Standpunkt vertritt. Neben der Schriftstellerei widmet sie sich auch der Malerei.
Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft
Mayreder, Rosa, Schriftstellerin, ist, obwohl sie ihre Persönlichkeit nie in den Dienst der Tagespolitik gestellt hat, eine Vorkämpferin der Frauenemanzipation, deren soziologische und sexualpsychologische Grundlagen die wesentlichen Themen ihres schriftstellerischen Wekes bilden. Einige ihrer in Buchform erschienenen Arbeiten sind "Kritik der Weiblichkeit", "Der typische Verlauf sozialer Bewegungen", "Die Frau und der Internationalismus" und "Geschlecht und Kultur". Unter ihren belletristischen Arbeiten sind die Novellen "Übergänge" sowie die Romane "Idole" und "Pipin" bemerkenswert. Von ihr stammt auch der Text zu Hugo Wolfs Oper "Der Corregidor". - R. M., die am 30. November 1858 in Wien geboren wurde und mit ihrem Mädchennamen Obermayer heißt, ist auch als Malerin in die Öffentlichkeit getreten und war von 1893 bis 1903 Vizepräsidentin des Allgemeinen österreichischen Frauenvereines. Anläßlich ihres 70. Geburtstages wurde sie von der Gemeinde Wien zur Ehrenbürgerin ernannt. - R. M. ist seit dem Jahre 1881 verheiratet mit dem Hofrat Prof. Karl Mayreder. - Wohnung: IV., Schönburgstr. 15. - Tel. U-44-901.
Gürtler, Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand
Rosa Mayreder (geb. Obermayer), Pseudonym Franz Arnold, geboren 1858, gestorben 1938 in Wien, erhielt als Gastwirtstochter die übliche Mädchenerziehung, Musikunterricht, Malerei, 1881 Heirat mit dem Architekten und Hochschulprofessor Karl Mayreder, war zuerst Malerin und Kunstkritikerin, später Schritstellerin, 1893 Mitbegründerin des "Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins", 1899/1900 Mitherausgeberin der Zeitschrift "Dokumente der Frauen", mit ihren beiden Essaybänden "Zur Kritik der Weiblichkeit" (1905) und "Geschlecht und Kultur" (1923) gehört sie zu den wichtigsten Theoretikerinnen der österreichischen Frauenbewegung, schrieb Essays, Erzählungen, Gedichte und Libretti.
Ausgewählte Publikationen
Quellen und Sekundärliteratur
Material in Archiven und Sammlungen
- Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, Zweig Österreich: Brief - In: DAG, Ordinariatsakten – Altbestand, Vereine 50-f-4/2
- Kryptonachlass von Mayreder, Rosa - In: WBR/HS, Teilnachlass Käthe Braun-Prager
- WBR/HS, Teilnachlass Rosa Mayreder H.I.N. 182.991-182.996, H.I.N. 187.172-187.220, H.I.N. 131.755, H.I.N. 131.759
- Pressestimmen - In: WBR/TBA, Dokumentation, TP-031869
- ÖNB/HAN, Teilnachlass Rosa Mayreder Cod. Ser. n. 24556 bis 24570
- VGA Wien, Personenarchiv, Rosa Mayreder Lade 22, Mappe 9