FunktionärInnen und Mitglieder
Leiterin
Historischer Überblick
Die Schwarzwaldschulen waren ein Netz von Mädchenschulen unter der Leitung von Eugenie Schwarzwald, das in Wien von 1901 bis 1938 bestand und in dem ein wichtiger Beitrag zur Mädchenbildung und österreichischen Reformpädagogik geleistet wurde.
1901 erwarb Schwarzwald das Privat-Mädchenlyzeum am Franziskanerplatz 5 in der Wiener Innenstadt von Eleonore Jeiteles. Mädchenlyzeen sollten ihren Schülerinnen eine höhere Bildung ermöglichen. Im Vergleich zu Knabengymnasien war die Ausbildung kürzer und umfasste weniger Unterrichtsstunden, die Inhalte waren eher an Alltagserfordernissen ausgerichtet als abstrakt und theoretisch anspruchsvoll. Der Abschluss eröffnete keinen Zugang zum Universitätsstudium. Die Schülerinnen konnten lediglich eine optionale „lyzeale Reifeprüfung“ ablegen, die sie bloß für den Status außerordentlicher Hörerinnen an der Universität qualifizierte.
Eugenie Schwarzwald ließ sich vom Ministerium für Kultus und Unterricht als Eigentümerin und Direktorin der Schule anerkennen und übernahm damit die alleinige Verantwortung für die Schule, was für eine Frau in der Habsburgermonarchie ein Novum darstellte. Das Ministerium ließ sie auch provisorisch (trotz fehlender offizieller Lehrbefugnis) als Deutschlehrerin zu. Außerdem führte sie verschiedene Ergänzungskurse mit dem Ziel ein, ihre Schülerinnen auf die Matura und ein Universitätsstudium vorzubereiten.
Als die Schule 1902 in den Kohlmarkt 6 umzog, wurden die Lehrmittelsammlung und der Lehrkörper erweitert: Neben ihrem Gatten Hermann stellte Schwarzwald u.a. Leo Bloch, Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Arnold Schönberg und Egon Wellesz an. Die Schwarzwaldschule beschäftigte zudem als einzige im damaligen Wien Frauen mit Universitätsabschluss im Lehrkörper. Darunter sind Namen wie Elsa Bienenfeld, Margarete Hönigsberg, Amelia Sara Levetus, Anna Nußbaum, Olga Ehrenhaft-Steindler etc.
Im Schuljahr 1903/04 eröffnete Schwarzwald zusätzlich eine koedukative Volksschule; 1905 wurde ihr von den Behörden offiziell die Leitung der Schulanstalten entzogen und Ludwig Dörfler zum Direktor ernannt – tatsächlich behielt aber Schwarzwald die Fäden in der Hand. Trotz behördlicher Gegenwehr konnte sie die Schule in den nächsten Jahren in ein Mädchenrealgymnasium umwandeln, das 1910 auch staatlicherseits anerkannt wurde. Einzig damit vergleichbar war die Gymnasiale Mädchenschule, die der Verein für erweiterte Frauenbildung betrieb.
1914 zog die Schwarzwaldschule in die Wallnerstraße 9 um, deren von Loos gestaltete Räumlichkeiten 22 Klassen, naturhistorischen Sammlungen, einer Bibliothek sowie einem Turn- und Festsaal Platz boten und deren Dachterrasse u.a. für Gymnastikstunden genutzt wurde.
Auch pädagogisch ging Schwarzwald neue, eigene Wege: Ungeachtet der damals üblichen Erziehungsmethoden sollten ihre Schülerinnen in angstfreier und vertrauensvoller Atmosphäre lernen. Der Unterricht wurde nach dem Motto „Langeweile ist Gift“ gestaltet: abwechslungsreich, und stets die Phantasie und Kreativität fördernd, wofür der herkömmliche Stoff- und Fächerkanon erweitert wurde. Nicht zuletzt war besonders die Verbindung zur Moderne (in Kunst, Wissenschaft und Lebensweise) prägend für das Schwarzwald’sche Schulreformwerk, dessen Erfolg sich an den stetig wachsenden Schülerinnenzahlen zeigte. Ein überproportional großer Teil der Absolventinnen war jüdischer Herkunft.
In den 1920er und 30er Jahren litten die Schulen nicht nur unter finanziellen Schwierigkeiten – die Inflation der Nachkriegszeit machte Privatinstitutionen besonders zu schaffen –, sondern auch unter dem zunehmend autoritärem politischen Klima. Schwarzwald war als Jüdin und Intellektuelle Anfeindungen ausgesetzt. Als die NationalsozialistInnen 1938 in Österreich an die Macht kamen, kehrte Eugenie Schwarzwald nicht mehr nach Wien zurück und ging in die Schweiz; ihre Besitztümer wurden arisiert und die Schulen im August 1938 geschlossen.
verwendete Literatur und Quellen:
Adam: Eugenie Schwarzwald und die Reformpädagogik. - In: Eugenie Schwarzwald und ihr Kreis, 47-53
Dvorak: Intellektuelle Avantgarde in Wien und das Schulreformwerk von Eugenie Schwarzwald. - In: Das Kind ist entdeckt, 291-314
Göllner: Das Ende einer Epoche. - In: Frauen im Exil, 35-50
Holmes: Langeweile ist Gift