Funktionen und Mitgliedschaften
Biografie
Barbara Elisabeth Glück wird als uneheliche Tochter eines ungarischen Adeligen geboren und wächst mit ihrer belgischen Mutter und ihrem Wiener Stiefvater, einem Arzt auf. Sie erhält eine gute Ausbildung, die vor allem ihr Sprachtalent fördert, muss aber schon als 16-Jährige – nach dem frühen Tod des Stiefvaters und Vermögensverlusten der Mutter - als Erzieherin in Russland und Polen selbst für beider Lebensunterhalt sorgen.
Ihre ersten Gedichte werden 1832/33 in Prager und Wiener Zeitungen noch unter dem Namen ‚Betti Glück‘ veröffentlicht. Eines dieser Gedichte, in Russland verfasst, hat den plakativen Titel „An die Männer unserer Zeit“. Ab 1840 verkehrt Barbara Elisabeth Glück im Salon der Henriette Wertheimer, wo sie auf zahlreiche namhafte KünstlerInnen und Intellektuelle ihrer Zeit trifft. Ihre erste Gedichtsammlung 1841, die sie Nikolaus Lenau widmet– mit mehr als 200 Seiten Umfang - erscheint bereits unter dem Pseudonym Betty Paoli. Sie hat diesen Namen „erfunden“, er sollte von den Schatten ihrer Vergangenheit unbelastet sein (der Spekulationssucht der geliebten Mutter, der Flucht aus Rußland etc.).
Damit kommt der literarische Durchbruch, der ihr nicht nur in Wien, sondern auch in München, Leipzig und Berlin bürgerliche und adelige Salons öffnet. Als Gesellschaftsdame der Fürstin Maria Anna Schwarzenberg in den Jahren 1843 bis 1848 findet sie Anschluss an die höchsten Gesellschaftskreise und bereist Holland, Italien und Deutschland. Seit 1852 kann sie von den Ergebnissen ihrer schriftstellerischen und journalistischen Arbeiten und vom Sprachunterricht leben. Sie schreibt Artikel in wichtigen Tageszeitungen - so ist sie eine der ersten Feuilletonistinnen der "Neuen Freien Presse" -, Novellen, Theaterkritiken, Gedichte und Bearbeitungen bzw. Übersetzungen von Theaterstücken für den damaligen Burgtheaterdirektor Heinrich Laube. Mit dessen Frau, der Schriftstellerin Iduna Laube verbindet sie auch eine Freundschaft. Für die Theatertexte wählt sie das Pseudonym „Branitz“. Trotzdem wird sie nochmals bis 1855 Gesellschafterin einer Aristokratin, der Gräfin Elisabeth Bagréeff-Speransky.
Fast vier Jahrzehnte lebt sie im Haushalt ihrer Freundin Ida Fleischl-Marxow, bei der auch oftmals die jüngere Marie von Ebner-Eschenbach zu Gast ist, die sie in ihrer schriftstellerischen Arbeit besonders fördert. Sie alle sind enge Freundinnen, die sich nicht nur über Kultur austauschen, sondern auch regelmäßig Tarockpartien abhalten und dabei Zigarren rauchen. Adalbert Stifter und Franz Grillparzer schätzen beide ihr Talent und lesen regelmäßig ihre Gedichte. Mit Nikolaus Lenau, Ernst von Feuchtersleben, Ottilie von Goethe und Helene Bettelheim ist sie gut bekannt oder befreundet. Auf einer ihrer Reisen trifft sie auch Bettine von Arnim, der sie den Gedichtband „Romancero“ widmet.
Betty Paoli engagiert sich für die Frauenfrage und gilt auch als eine der ersten Journalistinnen Österreich-Ungarns. Als Literatur- und Kulturkritikerin spielt sie im kulturellen Leben Wiens eine bedeutende Rolle. Immer wieder greift sie Themen der Mädchen- und Frauenbildung, Gleichberechtigung oder die Berufs- und Erwerbstätigkeit von Frauen auf und hinterfragt sie kritisch. Auf den Vorwurf der „Männlichkeit“ ihres Denkens“ angesprochen kontert Betty Paoli: „Unweibliche Idee? Wie Ihr doch töricht sprecht! Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht?“
Betty Paoli ist Gründungsmitglied des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien und wird im April 1886 zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt. Letzteres sorgt für interne Spannungen und war nicht im Sinne Paolis, die – vergeblich – darum ersucht, den Beschluss rückgängig zu machen. Zu den Mitgliedern im Verein zählen auch einige ihrer engsten Vertrauten wie beispielsweise Ida Fleischl-Marxow und Marie Egner. Die Malerin Marie Müller, ebenfalls Vereinsmitglied, fertigt anlässlich des 70. Geburtstags der Schriftstellerin im Auftrag des Wiener Bürgermeisters Eduard Uhl ein Porträt Betty Paolis an.
Am 5. Juli 1894 stirbt Betty Paoli in ihrem Feriendomizil in Baden bei Wien. Ihre Freundin Marie von Ebner–Eschenbach schreibt am 22. Juli 1894 einen Nachruf in der "Neuen Freien Presse". Ihre letzte Ruhe findet sie in einem Ehrengrab der Stadt Wien am Zentralfriedhof in der Abteilung für historische denkwürdige Personen. Visionär ihr Spruch: „Im 20. Jahrhundert wird die Stellung der Frau eine andere, eine bessere sein, als im 19. Jahrhundert“.
verwendete Literatur und Quellen:
Biographien der österreichischen Dichterinnen und Schriftstellerinnen
Bettelheim-Gabillon: Zur Charakteristik Betty Paolis
Lexikoneinträge
Österreichisches biographisches Lexikon
Glück Babette (Barbara) Elisabeth, Ps. Betty Paoli, Dichterin. * Wien, 30. 12. 1814; + Baden b. Wien, 5. 7. 1894. Uneheliche Tochter eines ung. Edelmannes; mußte seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr sich und ihre Mutter erhalten; zuerst Erzieherin in Rußland und Polen, kehrte sie 1835 nach Wien zurück und war Mitarbeiterin bei verschiedenen Zeitschriften, Sprachlehrerin und Übersetzerin. Fand im Hause der Gattin des Philanthropen Josef Wertheimer Aufnahme und befreundete sich mit Grillparzer, Stifter, Feuchtersleben etc. 1843-48 Gesellschafterin der Fürstin Marianne Schwarzenberg, der Witwe des FM. Karl S., 1849 Gesellschafterin in Dresden, Reisen durch Deutschland und nach Paris. Seit 1852 lebte sie wieder in Wien und war Literatur-, Theater- und Kunstreferentin des "Wiener Lloyd" und der "Österr. Zeitung". Freundschaft mit H. Laube. Seit 1855 lebte sie bei ihrer Freundin Ida v. Fleischl-Marxow. Bedeutende Lyrikerin, von Byron ausgehend, Lenau geistig und persönlich verbunden, schwermütig, grüblerisch, religiös, freimütig, empfindungsstark; glänzende Essayistin; Übersetzerin Turgenjews und Puschkins.
biografiA
Paoli Betty (Ps.), eigentl. Barbara Elisabeth Glück, auch: Branitz, Barbara Grund; Lyrikerin, Journalistin und Übersetzerin
Geb. Wien, 30. 12. 1814
Gest. Baden b. Wien, NÖ, 5. 7. 1894
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Anton Glück, Militärarzt; Mutter: Theresia Grünnagel.
Ausbildungen: Erhielt zunächst eine gute Ausbildung, besonders im Sprachenunterricht, musste jedoch nach dem frühen Tod des Vaters und dem Verlust des Vermögens der Mutter mit 16 Jahren ihren Lebensunterhalt selbst verdienen.
Laufbahn: B. P.s erste Gedichte waren bereits 1832/33 in Prager und Wiener Zeitungen erschienen, anfangs noch unter dem Namen „Betti Glück“. Aus finanzieller Notwendigkeit ging B. P. zunächst als Erzieherin nach Russland und Polen. Von 1843 bis 1848 war sie Gesellschaftsdame bei der Fürstin Maria Anna Schwarzenberg, zwischen den beiden Frauen entstand eine innige Freundschaft. Nach dem Tod der Fürstin unternahm B. P. Reisen nach Frankreich und Italien sowie nach Deutschland, wo sie in KünstlerInnen- und Gelehrtenkreisen verkehrte. Anfang der 1850er Jahre kehrte sie nach Wien zurück. Seit 1855 lebte B. P. als freie Schriftstellerin im Haus ihrer Freundin Ida Fleischl-Marxow und deren Familie. Sie arbeitete als Journalistin u. a. für den Wiener „Lloyd“, die „Neue Freie Presse“ und die „Münchner Allgemeine Zeitung“, verfasste Theater-, Buch- und Ausstellungskritiken und unternahm zahlreiche Übersetzungen. So war sie etwa in der Zeit der Direktion Laube (unter dem Namen Branitz) als Übersetzerin französischer Salonstücke für das Burgtheater tätig. Ihre kritischen frauenbezogenen Aufsätze machten B. P. zu einer wichtigen Figur der frühen Frauenbewegung.
Friedrichs: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts
GLÜCK, Barbara Elisabeth Babette (Pseud.: Betty Paoli)
geb. 30.12.1815 in Wien
gest. 5.7.1894 in Baden bei Wien
(Eig. Barbara Grund). Vater war Arzt in Wien. Sie war 1843 Gesellschafterin der Fürstin Schwarzenberg. Freundschaft mit Marie v. Ebner-Eschenbach in: Anton Bettelheim: M.v.E.E. Berlin 1900, S. 218 ff.
Lexikon der Frau
Paoli, Betty, Pseud. für Barbara Elisabeth (Babette) Glück, österr. Schriftst., *Wien 30.12.1814, +Baden bei Wien 5.7.1894. Erzieherin u. Gesellschafterin in Häusern des Hochadels. Schrieb für die ztg "Lloyd" die Burgtheaterreferate u. das wöchentl. Feuilleton. Verf. Gedichte von starker Empfindung, vollendeter Form u. individuellem Ausdruck.
Das geistige Wien
Paoli, Betti (Glück, Elisabeth), Schriftstellerin, geb. in Wien am 30. Dezember 1815. Kaum 15 Jahre alt, war sie gezwungen, da ihre Mutter verarmte, ihre Studien zu unterbrechen, um als Erzieherin sich und der Mutter in Wien, Schlesien und Russland (1833-1835) Lebensunterhalt zu verschaffen. Schon als junges Mädchen dichtete P. und veröffentlichte ihr erstes Gedicht, betitelt: "An die Männer unserer Zeit", in Witthauer''''s "Wiener Zeitschrift" im Jahre 1832. Sie verkehrte mit Grillparzer, Lenau, Bauernfeld und anderen hervorragenden Männern ihrer Zeit sehr intim. 1843 wurde sie Gesellschaftsdame der Fürstin Schwarzenberg, mit der sie ein inniges Freundschaftsband verknüpfte. Nach dem Tode der Fürstin im Jahre 1848 unternahm P. grössere Reisen im Auslande, versuchte es vergeblich, in Paris heimisch zu werden, und lebt seit 1852 in Wien, wo sie sich gänzlich ihren literarischen Arbeiten widmet. Anfänglich erteilte sie in vornehmen Häusern Unterricht in der französischen, englischen, italienischen, spanischen und russischen Sprache, wendete sich jedoch später der Journalistik zu. Sie führte das Theater- und Kunstreferat in der "Österreichischen Zeitung" (früher "Wiener Lloyd") und wurde dann ein beliebter Gast im Feuilleton der "Neuen Freien Presse", der Münchener "Allgemeinen Zeitung" etc. P. trat auch als Übersetzerin lyr. und dram. Werke auf. Unter dem Pseudonym "Branitz" gewann sie Dumas'''' "Biedermänner" und Banville''''s "Gringoire" der deutschen Bühne. P. schreibt jedoch meistens Gedichte und erschienen ihre ersten "Gedichte" (Lenau gewidmet) im Jahre 1841, "Nach dem Gewitter" (1843), "Die Welt und mein Auge" (Erzählungen, 18449; "Romanceero" (Epische Gedichte, 1845), "Neue Gedichte" (1850), "Lyrisches und Episches" (1855), "Neueste Gedichte" (1870), sowie eine Anzahl kunsthistorischer Abhandlungen und kritischer Studien: "Wiens Gemäldegalerien in ihrer kunsthistorischen Bedeutung" (186), eine kritische Studie "Franz Grillparzer''''s Werke" (1875) und eine Biographie von "Julie Rettich" (1866). Während ihre Erzählungen anerkanntermassen an Unklarheit und Farbenblässe der Charakteristik leiden, spiegeln ihre Gedichte eine bedeutende Individualität. Der Schatten eineer grossen Herzens- und Lebenstäuschung breitet sich über ihre Verse, eines gewaltigen Schmerzes, mit dem sie tapfer ringt. Nur inneres Erlebnis, nur innere Stimmung wurde ihr zum Gedicht und ihr Innenleben kam zu so mächtigem Ausdruck, dass sie Grillparzer "den ersten Lyriker Österreichs" nannte. Ihre Werke sind bis auf "Romancero" (Leipzig, Georg Wigand) und "Neueste Gedichte" (Wien, Gerold) bei Gustav Heckenast in Budapest erschienen. I. Habsburgerg. 5.
Biographien der österreichischen Dichterinnen und Schriftstellerinnen
Glück Elisabeth, geb. 30. December 1815 [sic!], Pseudo Betti Paoli, war von 1833 bis 1835 als Erzieherin in Schlesien und Russland thätig. Sie war in Verkehr mit Grillparzer, Lenau und Bauernfeld und anderen berühmten Männern ihrer Zeit und wurde 1843 Gesellschafterin der Fürstin Schwarzenberg, an welche sie die Bande innigster Freundschaft knüpften, bis diese der Tod 1848 entriss. Nach dem Tode der Fürstin unternahm sie große Reisen ins Ausland, lebt aber seit 1852 in Wien, um sich ganz ihrer schriftstellerischen Thätigkeit zu widmen, nachdem sie den Unterricht in den vornehmen Häusern der Residenz aufgegeben hatte. Ihr erstes Gedicht, betitelt: "An die Männer unserer Zeit", erschien 1832. Später führte sie das Theater- und Kunstreferat im "Wiener Lloyd", jetzt "Österreichische Zeitung" und schrieb auch für die "Neue freie Presse", die "Münchner allgemeine Zeitung" u.a. Auch als Übersetzerin war sie thätig und von ihr stammen die auch im Wiener Burgtheater aufgeführten Übertragungen: "Die Biedermänner" und "Gregoire".
Gürtler, Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand
Betty Paoli, Pseudonym für Barbara Elisabeth Babette Glück, geboren 1814 in Wien, gestorben 1894 in Baden bei Wien; arbeitete als Erzieherin und Gesellschafterin in Rußland, Polen, seit 1835 wieder in Wien, wo sie ihren Lebensunterhalt durch Stundengeben und Übersetzungen verdiente, seit 1841 Gesellschafterin im Haus Wertheimer, seit 1843 bei der Fürstin Schwarzenberg, nach dem Tod der Fürstin lebte sie seit 1852 bei ihrer Freundin Ida Fleischl-Marxow; war mit Marie von Ebner-Eschenbach befreundet und hatte zahlreiche Kontakte mit Künstlern ihrer Zeit; anerkannte Lyrikerin, schrieb auch Erzählungen, Essays.