Adler-Herzmark, Jenny

Namen und Abkürzungen
Adler, Jenny (Ehename)
Herzmark, Jenny
Herzmark, Scheine Blume (Geburtsname)
Geburtsdaten
19.05.1877, Riga (Lettland)
Sterbedaten
25.01.1950, Chicago
Berufe und Tätigkeiten
Ärztin, Arbeitsmedizinerin, Übersetzerin, Vereinsfunktionärin

Funktionen und Mitgliedschaften

Biografie

Jenny Herzmark studierte Medizin an den Universitäten Zürich und Wien und promovierte 1904 in Zürich. Danach übersiedelte sie nach Wien. Ihre Laufbahn als Ärztin begann sie als Hospitantin am Maria Theresia-Frauen-Hospital. 1910 ließ sie sich ihr Studium an der Universität Wien nostrifizieren und praktizierte danach als Frauen- und Kinderärztin in Wien 8 in der Josefstädterstraße. 1909 heiratete sie den Philosophen und austromarxistischen Theoretiker Max Adler. Gemeinsam hatten sie eine Tochter und einen Sohn.

Zwischen 1919 und 1938 war sie als Ärztin des Arbeitsinspektorats in Wien tätig und publizierte auch wissenschaftliche Artikel - wie zum Beispiel ihre 1925 gemeinsam mit Alfred Selinger erschienene Arbeit über „Bleivergiftungen“. Jenny Adler-Herzmark war eine bekannte und bedeutende Arbeitsmedizinerin und die erste weibliche Ärztin der Gewerbeinspektion in Österreich. Im Gewerbeinspektorat forderte sie auch spezifische Schutzmaßnahmen für Frauen.

Jenny Adler verband ihre Berufsarbeit mit ihrer politischen Arbeit in der österreichischen Sozialdemokratie und ihrer Tätigkeit in der Volksbildung. In ihrer Schriften und Vorträgen thematisierte sie die veränderte Situation von Frauen in der Ersten Republik auf Grund ihrer zunehmenden Erwerbstätigkeit sowie die neuen Möglichkeiten ihrer politischen Partizipation. Sie hielt zahlreiche Referate wie „Die Frau im Beruf (betrachtet vom ärztlichen Standpunkt aus)“, „Geschlechtskrankheiten der Frauen“, „Frauenhygiene“, „Gebärstreik“, usw. sowohl im Wiener Volksbildungsverein als auch in sozialdemokratischen Frauenorganisationen und in der Vereinigung der arbeitenden Frauen.

In den 1920er Jahren übersetzte sie einige Werke aus dem Russischen und unterrichtete an der Schule der Kinderfreunde. Zu dieser Zeit war sie auch Gründungsmitglied im Jüdischen Frauenbund für Deutsch-Österreich.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 wurden sie und ihre Familie wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. 1939 emigrierte sie nach Frankreich und ging dann 1942 in die USA, wo sie 1950 verstarb.

verwendete Literatur und Quellen:

biografiA
Malleier: Jüdische Frauen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung 1890 - 1938, 119

verfasst von: Lydia Jammernegg

Lexikoneinträge

biografiA

Adler-Herzmark Jenny, geb. Herzmark; Ärztin
Geb. Riga, Livland, Russland (Lettland), 19. 5. 1877
Gest. Chicago, Illinois, USA, 1950
J. A.-H. (= „Scheine Blume“) studierte bis 1899 Medizin an der Universität von Zürich. Von 1901 bis 1903 war sie an der medizinischen Klinik tätig. Am 16. April 1904 promovierte sie mit ihrer Dissertation „Zur Kasuistik der Nebenverletzungen bei Laporotomien“. Danach verlagerte sie ihren Lebensmittelpunkt nach Wien. Ihr Studium wurde am 29. April 1910 von der Universität Wien nostrifiziert. Am 29. März 1909 heiratete sie Dr. Max Adler, Trauzeugen waren Carl und Dr. Oskar Adler. Die beiden waren schon länger befreundet, angeblich sträubte sich Max gegen die Ehe, doch anscheinend hat sich J. durchgesetzt. Der studierte Jurist Max Adler war eine zentrale Figur des Austromarxismus. Er war ein wichtiger Theoretiker und veröffentlichte zahlreiche Schriften zu Marxismus und Sozialismus, außerdem hielt er Vorträge in Jugendorganisationen und unterrichtete an der Arbeiterhochschule. Auch J. A.-H. engagierte sich in der österreichischen Arbeiterbewegung. Sie unterrichtete Gesundheitslehre an der Kinderfreunde-Schule in Schönbrunn, außerdem verfasste sie verschiedene Schriften zu Unfallverhütung und Gewerbehygiene. Ihre Gesinnung ist auch an der Auswahl der von ihr übersetzten Literatur erkennbar (s. u.). Ihren Beruf als Ärztin übte sie weiterhin aus, arbeitete als Gewerbeärztin und zuletzt als Chefärztin der Gewerbeinspektion. 1932 trat sie aus der Ärztekammer aus. J. und Max Adler hatten zwei Kinder: 1910 wurde Lore geboren, die später in London lebte, drei Jahre später Robert, der in den USA als Physiker arbeitete. Über das Privatleben der Familie Adler ist wenig bekannt. Sie wohnten in der Wiener Josefstädterstraße, ihr Lebensstil wird als kleinbürgerlich-bescheiden geschildert. Die Tochter Lore beschrieb die Beziehung ihrer Eltern als Gemeinschaft zweier selbständiger Menschen, die einander achteten. Politisch stand J. angeblich links von ihrem Mann. Dr. Max Adler starb am 27. Juni 1937, er ist am Wiener Zentralfriedhof begraben. Dr. J. A. verließ am 1. Juli 1939 Österreich und emigrierte über Frankreich, wo sie bis 1942 blieb, in die USA, wo sie 1950 verstarb.
W.: „Hygiene der Frau: Frauenreichskomitee, Zentralstelle für das Bildungswesen“ (1925),
„Allgemeine Gewerbehygiene für Arbeiter: Zentralgewerkschaftskommission des Dt. Gewerkschaftsbundes in der Tschechoslowakei“ (1921), „Gem. m. Hans Mekiska: Der praktische Arbeiterschutz. Unfallverhütung und Gewerbehygiene“ (1925) Übersetzungen: „Kuprin, Aleksandr: Der Moloch und andere Novellen“ (1907), „Berezovskij, A. P.: Die Odyssee des ‚Knjas Potemkin‘. Tagebuchblätter von Kirill, Mitgl. d. revolut. Schiffscomités [d. i. A. P. Berezovskij]“ (1906. 1908 u. d. T. Unter der Flagge der Revolution), „Rešetnikov, Fedor: Die Leute von Podlipnaja“ (1907)

Monika Hasleder

Ausgewählte Publikationen

Adler-Herzmark, Jenny: Allgemeine Gewerbehygiene für Arbeiter - Reichenberg: Zentralgewerkschaftskommission des Dt. Gewerkschaftsbundes in der Tschechoslowakei, 1921
UBK Mediathek 12 375138, 1/2
Adler-Herzmark, Jenny: Der praktische Arbeiterschutz : Unfallverhütung und Gewerbehygiene / von Hans Mekiska und Jenny Adler-Herzmark - Wien: Verl. d. Wiener Volksbuchhandl., 1925
AK Wien B185/4,2
Adler-Herzmark, Jenny: Elf Jahre gewerbeärztlicher Praxis - In: Handbuch der Frauenarbeit in Österreich - Wien: Kammer für Arbeiter und Angestellte, 1930, 516-521
Online Zugriff / ÖNB 579225-C.Neu
Adler-Herzmark, Jenny: Gewerbehygienisches aus Deutschland - In: Arbeit und Wirtschaft, Jg. 5 (1927), Nr. 23, 989-992
Online Zugriff / ÖNB 606270-C.Neu-Per
Adler-Herzmark, Jenny: Hygiene der Fabrikarbeiterin - In: Arbeiterinnen-Zeitung, Jg. 30 (1921), Nr. 5, 6-7
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per
Adler-Herzmark, Jenny: Hygiene der Frau - Prag: Frauenreichskomitee, Zentralstelle für das Bildungswesen, 1925
AK Wien B21916
Adler-Herzmark, Jenny: Zur Kasuistik der Nebenverletzungen bei Laparotomien - Zürich: Univ., Diss., 1904
BSB Diss.med. 393-24
Adler, Jenny: Berufskrankheiten, Unfallheilkunde, Gewerbehygiene - In: Arbeit und Wirtschaft, Jg. 3 (1925), Nr. 23, 1005-1008
Online Zugriff / ÖNB 606270-C.Neu-Per

Quellen und Sekundärliteratur

Das Referat Dr. Jenny Adlers auf dem internationalen Ärztinnenkongreß - In: Frauenarbeit, Jg. 9 (1931), Nr. 19, 788-791
ÖNB 606270-C.Neu-Per
Eine gewerkschaftliche Funktionärinnenkonferenz über Fragen der Arbeitshygiene - In: Frauenarbeit, Jg. 9 (1931), Nr. 11, 459-461
ÖNB 606270-C.Neu-Per

Material in Archiven und Sammlungen

  • Pressestimmen - In: WBR/TBA, Dokumentation, TP-000578

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