Biografie
Bertha Helene Eckstein-Diener war eine Schriftstellerin und Übersetzerin, die vor allem durch ihre unter dem Pseudonym “Sir Galahad” veröffentlichten Werke bekannt wurde.
Sie wurde 1874 in Wien in eine streng protestantische Fabrikantenfamilie geboren. Die fünfköpfige Familie, bestehend aus Bertha, ihren Eltern Carl und Marie Diener und den beiden älteren Brüdern Carl und Paul Hugo, wohnte im Diery-Schlößl in der Marxergasse im dritten Wiener Bezirk. Während ihre Brüder die Schule besuchten und eine Karriere in Wirtschaft und den Wissenschaften anstrebten, wurde Bertha privat von einer Gouvernante unterrichtet. Ihre Bildung war nicht mit der ihrer Brüder zu vergleichen.
Die erste Chance auszubrechen, ergab sich, als Bertha Diener volljährig wurde. Sie heiratete zwei Wochen nach ihrem 24. Geburtstag den dreizehn Jahre älteren Fabrikanten, Friedrich Eckstein, der in den Wiener Kreisen den Ruf als Universalgelehrter genoss. Er war mit vielen Prominenten wie den Frauenrechtlerinnen Rosa Mayreder und Marie Lang, sowie Mathematiker Oskar Simony und Sigmund Freud bekannt. Mit ihrem Ehemann zog Bertha Eckstein-Diener in das St.-Genois-Schlössl (heute: Villa Aichelburg) in Baden bei Wien, wo das Ehepaar einen Salon führte.
1904 trennte sich das Ehepaar Eckstein auf Probe. 1900 hatte Bertha Eckstein den Arzt Theodor Beer kennengelernt. 1904 bis 1908 ging sie auf Reisen und besuchte Vorlesungen von verschiedenen Gelehrten. 1909 trennte sich Bertha endgültig von Friedrich Eckstein und kam mit ihrem langjährigen Geliebten, Theodor Beer, zusammen. Die Beziehung endete recht bald. Aus der Verbindung stammt ihr Sohn Roger, den sie 1910 heimlich in Berlin zur Welt brachte, um das Besuchsrecht für ihren Sohn aus der Ehe nicht zu gefährden. Roger wuchs danach bei Pflegeeltern auf.
Ihre bekanntesten Werke hauptsächlich zu kultur- und literaturgeschichtlichen Themen veröffentlichte Bertha Eckstein-Diener unter dem Namen "Sir Galahad", darunter das 1932 erschienene "Mütter und Amazonen", das als Klassiker der Matriarchatsforschung gilt. Trotz ihres Interesses an matriarchalischen Gesellschaften und ihrer Kritik an der androzentrischen Zivilsationsgeschichte sowie ihrer unabhängigen Lebensweise, kann sie nicht als Feministin betrachtet werden. Sie hielt nicht viel von der Frauenbewegung. Durch ihr äußeres Erscheinungsbild, insbesondere die schmale Taille, drückte sie ihre grundsätzliche Abneigung gegen dicke, weibliche, von der Mutterschaft "deformierte" Körper und ihre Faszination für dünne, androgyne und "athletische" Körperformen aus.
Während der Zeit des Nationalsozialismus konnte sie, obwohl sie Söhne von jüdischer Abstammung hatte, Mitglied der Reichsschrifttumskammer werden. Sie war persönlich mit Jörg Lanz von Liebenfels bekannt und in ihren Werken finden sich antisemitische und rassistische Textstellen. Bertha Eckstein-Diener zog 1936 nach Genf, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1948 lebte und schrieb.
verwendete Literatur und Quellen:
biografiA
Freund: Land der Träumer
Lexikoneinträge
Friedrichs: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts
ECKSTEIN, geb. Diener, Bertha Helene (Pseud.: (Sir) Galahad, Helen Diner)
geb. 18.3.1874 in Wien
gest. 20.2.1948 in Genf
Sie emigrierte 1938.
biografiA
Eckstein-Diener Berta, geb. Bertha Helene Diener, Ps. Ahasvera, Sir Galahad, Helen Diner, Mulford Prentice, Bertha; Schriftstellerin und Übersetzerin
Geb. Wien, 18. 3. 1874
Gest. Genf, Schweiz, 20. 2. 1948
Herkunft, Verwandtschaften: Tochter von Carl Diener, Fabrikant. Zwei Brüder.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1898 Heirat mit Friedrich Eckstein, Fabrikant und Privatgelehrter; Sohn: Percy (* 1899). 1909 Scheidung. Sohn: Roger (* 1910) mit dem Arzt Theodor Beer.
Ausbildungen: Privatunterricht und Höhere-Töchter-Ausbildung.
Laufbahn: 1904 erste große Reise, u. a. nach Ägypten, Griechenland und England. B. E.-D. schrieb zunächst unter dem Pseudonym Ahasvera („Die ewig Reisende“). Ihre bekanntesten Werke veröffentlichte sie jedoch als Sir Galahad. Neben ihren kultur- und literaturhistorischen Buchveröffentlichungen schrieb sie eine Reihe von Aufsätzen für Zeitungen und Zeitschriften und übersetzte drei Werke des amerikanischen Journalisten und esoterischen Schriftstellers Prentice Mulford. Von 1925 bis 1931 arbeitete sie an „Mütter und Amazonen“, einer auf Frauen fokussierten Kulturgeschichte, in der sie sich vor allem mit den Forschungen des Mutterrechtstheoretikers Johann Jacob Bachofen auseinandersetzte. B. E.- D.s Studie gilt als Klassiker der Matriarchatsforschung und wurde sowohl von der Frauenbewegung der 1930er Jahre wie auch von der Neuen Frauenbewegung zentral rezipiert. In der Zeit des Nationalsozialismus ließ sich B. E.-D. in der Schweiz nieder. Sie starb am 20. Februar 1948 – fünf Wochen nach einer Operation – in Genf. Ihre letzte Arbeit an einer Kulturgeschichte Englands blieb unvollendet.
Ausz.: Im Oktober 2008 wurde eine Straße in 1030 Wien, im Gebiet Aspanggründe/Euro-Gate nach ihr benannt.
W.: „Im Palast des Minos“ (1913), „Die Kegelschnitte Gottes“ (1921), „Idiotenführer durch
die russische Literatur“ (1925), „Mütter und Amazonen. Ein Umriß weiblicher Reiche“ (1932), „Byzanz. Von Kaisern, Engeln und Eunuchen“ (1936), „Bohemund. Kreuzfahrer-Roman“ (1938), „Seide. Eine kleine Kulturgeschichte“ (1940), „Der glückliche Hügel“ (1943)
Lexikon der Frau
Galahad, Sir, Pseud. für Bertha Eckstein, geb. Diener, österr. Schriftste., * Wien 18.3.1874, + Genf 21.2.1948. Sie ging aus dem Expressionismus hervor u. schuf eigenwillige Darstellungen herausfordernd ungewöhnlicher Gestalten u. ausgefallener Schicksale. Leidenschaftl. Verfechterin des Mutterrechtes in ihrer weibl. Kulturgesch. "Mütter u. Amazonen" (1932).