Biografie
Else Feldmann wird 1884 als Tochter jüdischer Eltern ungarischer Abstammung in einfache Verhältnisse mit sechs Geschwistern geboren. Trotzdem kann sie kurzzeitig eine Lehrerinnenbildungsanstalt besuchen, arbeitet aber dann in einer Fabrik, da sie zum Familieneinkommen beizutragen hat.
Bereits ab 1908 veröffentlicht sie Erzählungen sowie journalistische Berichte, Jugendgerichtsreportagen und Texte zu sozialkritischen Themen wie Kindernot und Jugendkriminalität aus den Elendsbezirken der Stadt. Den Benachteiligten, Unterdrückten, Ausgegrenzten möchte sie eine Stimme geben. Ihre Sozialreportagen und Texte werden vor allem in Zeitungen wie dem „Abend“, dem „Neuen Wiener Journal“, der „Neuen Freien Presse“, der "Arbeiter-Zeitung" und in „Die Frau“ publiziert. Ihr 1921 veröffentlichter Roman "Löwenzahn" wird u.a. von Paula Nowotny in der "Unzufriedenen" am 27. Dezember 1930 rezensiert: "Dieses tiefschauende Buch Löwenzahn, auch "Melodie in Moll" genannt, sollte jeder lesen und jeder wird es erschüttert und aufgerüttelt aus der Hand geben". Zu Lebzeiten erscheinen drei Bücher und das 1916 in der Neuen Freien Volksbühne aufgeführte Theaterstück "Der Schrei, den niemand hört". 1921 gibt Else Feldmann zusammen mit der Übersetzerin und Sprachlehrerin Anna Nußbaum die Anthologie "Das Reisetagebuch des Wiener Kindes" - Aufsätze, Briefe und Zeichnungen von Schulkindern - heraus.
Schon damals stellt sie die Publikationserträge wohltätigen Zwecken zur Verfügung. Else Feldmann pflegt intensiven Kontakt zur Wiener KünstlerInnenszene und gehört im Januar 1933 zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. Ab 1923 erscheint "Der Leib der Mutter" in 41 Folgen in der Arbeiter-Zeitung mit Zeichnungen von Carry Hauser. Der Fortsetzungsroman "Martha und Antonia" kann nach 78 Folgen durch die Februarereignisse 1934 nicht mehr in der Arbeiter-Zeitung erscheinen und bleibt somit unvollständig.
Durch die politischen Umstände verliert Else Feldmann ihre wichtigste Publikations-Plattform und Haupteinnahmequelle - ihre finanzielle Not wird immer größer. 1938 muss Else Feldmann ihre Wohnung im Toepler-Hof zwangsweise räumen und ihren Aufenthalt ständig wechseln. Ihr Werk wird von den Nationalsozialisten auf die Liste des "schädlichen und unerwünschten Schrifttums" gesetzt. Am 14. Juni 1942 wird sie von der Gestapo abgeholt und ins Vernichtungslager Sobibor transportiert und dort ermordet.
In der Staudingergasse 9 im 20. Bezirk befindet sich eine Gedenktafel für Else Feldmann. 1994 wird die Else-Feldmann-Gasse im 21. Bezirk nach ihr benannt - die nach einer Umwidmung zu einer Kleingartenanlage wieder aufgelassen wird. 2011 wird im 21. Bezirk zwischen Kürschnergasse und Moritz-Dreger-Gasse die Else-Feldmann-Promenade eingerichtet.
Im Nachlass des Malers Carry Hauser, finden sich 60 Originalzeichnungen für Feldmanns Roman "Der Leib der Mutter", die er damals für die Arbeiter-Zeitung anfertigte. Diese werden auch für den Nachdruck 1993 im Wiener Frauen-Verlag (Milena-Verlag) verwendet. Auch "Löwenzahn" (2003) und "Martha und Antonia" (1997) werden in diesem Verlag wieder aufgelegt und tragen so zur Wiederentdeckung dieser wichtigen österreichischen Autorin bei.
verwendete Literatur und Quellen:
Opel: Else Feldmann (1884-1942)
das rote wien
Lexikoneinträge
biografiA
Feldmann Else; Schriftstellerin
Geb. Wien, 25. 2. 1884
Gest. KZ Sobibor ca. 1942
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Ignatz Feldmann (1848 /42?–1935, Handelsagent, aus Ungarn stammend); Mutter: Fanny, geb. Pollak aus Deutschkreutz (Heimarbeiterin, 1859 –1940); vermutlich zwei Schwestern (Johanna 1882–1894; Anna, geb. 1900, von 1927 an als Geisteskranke in der Heilanstalt Steinhof, wo sie 1940 unter ungeklärten Umständen stirbt) und drei Brüder (Richard, geb. 1885, 1941 nach Riga deportiert; Eduard 1889 –1925; Karl 1892-?; Gustav 1897–1897).
Freundschaften: Prägende Begegnung mit Peter Altenberg 1912 am Semmering.
Ausbildungen: „Armenschülerin“, mit 16 vermutlich kurzzeitig in einer Lehrerinnenbildungsanstalt, Berlinaufenthalt mit kleinem Stipendium.
Laufbahn: Fabriksarbeiterin, ab 1910 journalistisch tätig, Sozialreportagen für verschiedene Zeitungen entstehen („Der Abend“, „Dr. Blochs Österreichische Wochenschrift. Zentralorgan für die gesamten Interessen des Judentums“, „Neues Wiener Journal“, „Neue Freie Presse“, „Die Frau“, „Arbeiter-Zeitung“), daneben Arbeit an Erzählungen und Romanen, Rezensionen und Porträts über künstlerische ZeitgenossInnen und ihr Schaffen. 1916 wird E. F.s Theaterstück „Der Schrei, den niemand hört.“ uraufgeführt. 1919 Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft, zuvor ungarische. 1921 Herausgabe einer Sammlung von Kinderzeichnungen und -erzählungen gemeinsam mit ihrer Jugendfreundin Anna Nußbaum. Ab 1922 ständige Mitarbeiterin der „Arbeiter-Zeitung“, wo auch ihre Romane in Fortsetzungen veröffentlicht werden. E. F. veröffentlicht auch Beiträge im „Österreichischen Arbeiter-Kalender“ und im „Arbeiterwille“. 1922 Mitbegründerin der Internationalen Antikriegsvereinigung „Clarté“; 1933 Gründungsmitglied der „Vereinigung sozialistischer Schriftsteller“. Ab 1934 lebt E. F. unter ärmlichen Umständen mit häufigen Wohnungswechseln. Zudem muss sie für die alleinstehende Mutter und den kriegsinvaliden Bruder sorgen. Sie kann nur noch sporadisch Artikel in der „Bunten Woche“, in der „Arbeiter-Woche“ oder im „Arbeiter-Sonntag“ veröffentlichen. Am 14. Juni 1942 wird sie als letzte Überlebende der Familie ins KZ Sobibor abtransportiert und dort ermordet.
Ausz., Mitglsch.: Verkehrsflächenbenennung: 2011 Else-Feldmann-Promenade in 1210 Wien. Mitglied der Organisation Wiener Presse als freie Journalistin (1920).
W.: „Der Schrei, den niemand hört. Theaterstück“ (1916), „Löwenzahn. Eine Kindheit“ (1921) – wiederaufgelegt als „Melodie in Moll. Roman“ (1930). Neuauflage unter dem Originaltitel im Verlag für Gesellschaftskritik, Wien (1993), „Gem. mit Anna Nußbaum (Hg.): Das Reisebuch des Wiener Kindes“ (1921), „Der Mantel. Komödie nach Gogol“ (1927 Teilabdruck in der „Arbeiter-Zeitung“), „Liebe ohne Hoffnung. Erzählung“ (1928), „Ballett der Straße. Ein Entwurf für Jazzmusik. Libretto“ (1930, veröffentlicht in „Kunst und Volk. Mitteilungen des Vereins Sozialdemokratische Kunststelle“), „Der Leib der Mutter“ (1931, wahrscheinlich um 1912 entstanden, 1924 in der „Arbeiter-Zeitung“ erschienen; wiederaufgelegt im Milena Verlag, Wien 1993), „Martha und Antonia“ (1993, 1933 –34 in der „Arbeiter-Zeitung“ abgedruckt bis zu deren Einstellung im Feb. 1934)
Ausgewählte Publikationen
Quellen und Sekundärliteratur
Material in Archiven und Sammlungen
- VGA Wien, Personenarchiv Else Feldmann, Lade 20, Mappe 34