Kerschbaumer, Rosa

Namen und Abkürzungen
Kerschbaumer-Putjata, Rosa
Putiata von Schlikoff, Rosa
Putjata, Raissa (Ehename)
Schlikoff, Raissa von (Geburtsname)
Slikova, Raissa (Geburtsname)
Geburtsdaten
22.08.1851, Moskau
Sterbedaten
27.07.1923, Los Angeles
Berufe und Tätigkeiten
Augenärztin

Funktionen und Mitgliedschaften

Biografie

Rosa Kerschbaumer beginnt, nachdem ihre erste Ehe mit Wladimir Putjata geschieden ist, in Zürich und Bern Medizin zu studieren und promoviert 1876. Ihre augenärztliche Ausbildung fängt bei Ferdinand von Arlt (dem Großvater von llse Arlt) in Wien an. Dieser versucht vergeblich, die ärztliche Anerkennung seiner Assistentin an der Universität Wien im Professorenkollegium durchzusetzen. Nach der Heirat mit Arlts Assistenten Friedrich Kerschbaumer gehen beide nach Salzburg und eröffnen 1878 dort eine private Augenheilanstalt.

1890 wird Rosa Kerschbaumer aufgrund einer "allerhöchsten kaiserlichen Entschließung" erlaubt, die Augenklinik alleine zu leiten - sie ist damit die erste Ärztin in Österreich, die eine Zulassung zur Ausübung einer ärztlichen Praxis bekommt. Gleichzeitig trennt sie sich von ihrem Mann. 1896 geht sie nach Rußland zurück, wo sie in St. Petersburg unterrichtet und zwischen 1897 und 1903 auf Augenheilkunde spezialisierte Wanderkliniken entlang der Transsibirischen Eisenbahn leitet. 1903 wird sie Leiterin der Augenklinik in Tiflis, ab 1907 lebt und arbeitet sie wieder in Wien; 1911 wandert sie nach Amerika aus und praktiziert ab 1915 in Los Angeles, wo sie 1923 stirbt. Kerschbaumer ist Zeit ihres Lebens neben ihrer praktischen Arbeit auch wissenschaftlich tätig: sie trägt vor, publiziert in Fachschriften (z.B. 1900 "Das Sarkom des Auges") und ist Mitglied wissenschaftlicher Gesellschaften.

Die Emanzipation der Frau ist für Rosa Kerschbaumer gelebte Realität, sie fordert wiederholt den allgemeinen Zugang der Frauen zum Medizinstudium. Bei einem am 2. April 1889 im Verein für erweiterte Frauenbildung in Wien gehaltenen Vortrag über "Die ärztliche Berufsbildung und Praxis der Frauen" entkräftet sie stichhaltig alle gegen das medizinische Frauenstudium vorgebrachten Argumente und meint, dass höhere Bildung und Selbständigkeit es der Frau ermögliche, "ihr Glück unabhängig vom Manne zu suchen und zu finden". Sie schließt mit einem Zitat von Max Piccolomini in "Wallenstein": "Gebt uns den Raum, das Ziel werden wir uns setzen". Sie wendet sich in ihrem Aufsatz "Professor Albert und die weiblichen Ärzte" vehement gegen die von dem Mediziner Eduard Albert in seiner Publikation "Frauen und das Studium der Medizin" geäußerten Ansichten, dass Frauen weder charakterlich noch intellektuell zum Medizinstudium geeignet wären.

In der Science-City in Salzburg-Itzling wird 2008 eine Straße nach ihr benannt.

verwendete Literatur und Quellen:

Kerschbaumer: Die ärztliche Berufsbildung und Praxis der Frauen. - In: Jahresbericht des Vereines für Erweiterte Frauenbildung in Wien 1 (1888/1889), 17-34
Seebacher: Roses for the Gentlemen. - In: The global and the local, 557-565
Veits-Falk: Rosa Kerschbaumer-Putjata (1851-1923)

verfasst von: Helga Hofmann-Weinberger

Lexikoneinträge

Österreichisches biographisches Lexikon

Kerschbaumer Rosa, geb. Putiata von Schlikoff, Medizinerin. * Moskau, 21. 4. 1854; + (?). Tochter eines k. russ. Beamten; stud. an der Univ. Zürich und Bern Med. 1876(7) Dr.med. Widmete sich dann der Augenheilkde. und arbeitete in Wien an der Augenklinik bei F. v. Arlt. Sie verheiratete sich mit dem Ass. Arlts, Dr. F. Kerschbaumer (+ Lauffen, O.Ö., 28. 1. 1906) und gründete 1877 in Salzburg aus eigenen Mitteln eine Augenheilanstalt, die sie bis 1890 mit ihrem Mann, 1890-96 allein, namentlich als Operateurin sehr erfolgreich leitete. Durch Majestätsgesuch erreichte sie eine a.h. Entschließung, womit ihr 1890 die Ausübung der Augenheilkde. und Leitung ihrer Augenheilanstalt in Salzburg offiziell zuerkannt wurde. K. übernahm dann die Leitung der Augenheilanstalt der Kn. Maria in Tiflis und arbeitete 1900 in verschiedenen Orten entlang der transsibir. Bahn, wohin die amtlich benachrichtigte Bevölkerung von weit herströmte. 1907-11 lebte sie in Wien, dann in Seattle.

biografiA

Kerschbaumer Rosa, Raissa, Putiata von Schlikoff; Augenärztin
Geb. Moskau, Russland, 21. 4. 1851
Gest. Los Angeles, Kalifornien, USA, 27. 7. 1923
Herkunft, Verwandtschaften: Stammt aus dem russischen Landadel. Vater: Wassilij D. Schlykow (1815 –1875), kaiserlich russischer Beamter; Mutter: Adelaida A. Ogarjowa (1826 –1895); Schwester: Virginie Abeljanz-Schlikoff (1853–1949), Dr. med.
LebenspartnerInnen, Kinder: In 1. Ehe verheiratet mit dem Studenten und Beamten der Zensurabteilung des Moskauer Hauptpostamtes, Wladimir Putjata/Poutiata, der seine Familie verließ um Schauspieler zu werden (1876 geschieden), drei Kinder. In 2. Ehe verheiratet mit dem österreichischen Augenarzt Dr. Friedrich Kerschbaumer (1847–1906), Assistent von Ferdinand v. Arlt, 1890 getrennt.
Ausbildungen: Begann nach gescheiterter erster Ehe ab 1872 an den Universitäten Zürich und Bern Medizin zu studieren, 7. 7. 1876 Dr.med. an der Universität Bern. Danach absolvierte sie eine Fachausbildung in Augenheilkunde in Wien und arbeitete an der Augenklinik bei F. v. Arlt.
Laufbahn: Nach ihrer Heirat gründete sie 1878 in Salzburg aus eigenen Mitteln eine private Augenheilanstalt, die sie bis 1890 mit ihrem Mann, 1890–96 allein, auch als Operateurin, erfolgreich leitete. Durch Majestätsgesuch erreichte sie eine Entschließung, womit ihr 1890 die Ausübung der Augenheilkunde und die Leitung ihrer Anstalt offiziell zuerkannt wurde, zehn Jahre bevor Frauen in der Habsburgermonarchie zum Medizinstudium zugelassen wurden. 1896 verließ sie Salzburg und ging nach Russland zurück, wo sie in St. Petersburg an der medizinischen Akademie unterrichtete. Von 1897 bis 1903 leitete sie auf Augenheilkunde spezialisierte Wanderkliniken entlang der Transsibirischen Eisenbahn. 1903 wurde sie Leiterin der Augenklinik in Tiflis (Georgien). 1907–11 lebte und arbeitete sie in Wien und wanderte schließlich 1911, im Alter von 60 Jahren, in die Vereinigten Staaten, zunächst nach Seattle, aus. Ab 1915 praktizierte sie in Los Angeles und war auch am Good Samaritan Hospital tätig. R. K. deckte das ganze Spektrum der praktischen und theoretischen Augenheilkunde ab: Sie praktizierte, forschte, publizierte und lehrte. Von großer Bedeutung für sie war auch eine Verbesserung der Rechte der Frauen. In Publikationen und Vorträgen forderte sie wiederholt die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium und beschäftigte selbst auch immer junge Ärztinnen, wenn sie leitende Positionen inne hatte.
Ausz., Mitglsch.: R. K. reiste zu den großen internationalen Kongressen für Ophthalmologie (z. B. 1888 nach Heidelberg, 1900 referierte sie in Utrecht) und nahm an Sitzungen der Ophthalmologischen Gesellschaft teil. Sie war Mitglied der Kaukasischen Medizinischen Gesellschaft und der Medical Society of the State of California. Verkehrsflächenbenennung: Ihr zu Ehren wurde 2008 in Salzburg eine Straße benannt.
W.: „(R. Putiata): Über Sarcom der Lymphdrüsen. Diss. Sonderabdruck aus: Virchows Archiv, Bd. 69“ (1877), „Bericht über die Augenheilanstalt in Salzburg über das Jahr … 1878–82, mit Berichten über 50 Staroperationen, gem. mit F. Kerschbaumer“ (1879 –83), „ Altersveränderungen der Uvea. In: Graefes Archiv für Ophtalmologie 34/4, 1888, 38/1 (1892), „Die ärztliche Berufsbildung und Praxis der Frauen. In: 1. Jahresbericht des Vereins für erweiterte Frauenbildung“ (1888/89), „Prof. Albert und die weiblichen Ärzte. Sonderabdruck aus: Neue Revue Nr. 45“ (1895), „Das Sarkom des Uveal-Tractus“ (1900), „Bericht über die Tätigkeit der … nach Sibirien abkommandierten augenärztlichen Kolonne“ (1900), „Bericht einer oculistischen Abteilung in Sibirien. In: Zeitschrift für Augenheilkunde 7“ (1902), „Über die Hygiene des Auges in der Schule. In: Der Bund, 4.Jg, H. 3“ (1909), „Zur Frage der Regelung der Prostitution in Österreich. In: Arbeiterinnen-Zeitung, 19. Jg., Nr. 10“ (1910)

Ausgewählte Publikationen

Kerschbaumer, Rosa: Die ärztliche Berufsbildung und Praxis der Frauen - In: Jahresbericht des Vereines für Erweiterte Frauenbildung in Wien, Jg. 1 (1888/1889), 17-34
Online Zugriff / ÖNB 391908-B.Neu-Per
Kerschbaumer, Rosa: Die Hygiene des Auges in der Schule - In: Der Bund, Jg. 4 (1909), Nr. 3, 8-9
Online Zugriff / ÖNB 442258-B.Neu-Per
Kerschbaumer, Rosa: Professor Albert und die weiblichen Ärzte - In: Wiener Literatur-Zeitung, Jg. 6 (1895), Nr. 44, 1381-1390
ÖNB 398879-B-C.Neu-Per
Kerschbaumer, Rosa: Zur Frage der Regelung der Prostitution in Österreich - In: Arbeiterinnen-Zeitung, Jg. 19 (1910), Nr. 10, 5
Online Zugriff / ÖNB 394591-D.Neu-Per

Quellen und Sekundärliteratur

Murau, Karoline: Der Verein für erweiterte Frauenbildung und seine Gründerin - In: Frauenleben, Jg. 6 (1894), Nr. 2, 32-35
Online Zugriff / ÖNB 90785-C.Neu.6

Material in Archiven und Sammlungen

  • Augenheilanstalt Dr. Friedrich und Dr. Rosa Kerschbaumer: Leitung Rosa Kerschbaumer - In: SLA, Landesregierungsakten 1890-1899 VII B 1
  • Augenheilanstalt Dr. Friedrich und Dr. Rosa Kerschbaumer: Zuweisung von Patienten - In: SLA, Landesausschussakten II 59/6

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