Wiener demokratischer Frauenverein

Namen und Abkürzungen
Erster Wiener demokratischer Frauenverein
Verein der deutschen Frauen
Gründung
28.08.1848
Auflösung
10.1848
Sitz
Wien

FunktionärInnen und Mitglieder

Historischer Überblick

In der 1848er Bewegung - einer Zeit des gesellschaftlichen und politischen Aufbruchs - gab es eine gewisse Bereitschaft Frauen in der Öffentlichkeit und in der Politik eine Teilhabe zuzugestehen. So kamen diese z.B. als Zuhörerinnen zu öffentlichen Versammlungen von politischen Vereinen. Sie wurden aber nicht als Mitglieder mit Stimm- und Rederecht zugelassen. Teile der revolutionären Frauen verstanden sich immer mehr als politische Individuen, die gegen diese Diskriminierungen ankämpften.

Sowohl in Wien als auch in Berlin begannen Demokratinnen sich selbst zu organisieren. Der Ausschluss aus dem demokratischen Prozess war ein Grund für Frauenvereinsgründungen. In Wien war ein weiterer Auslöser das gewaltsame Vorgehen der Nationalgarde gegen die ErdarbeiterInnen. Diese hatten gegen Lohnkürzungen von Frauen demonstriert.

Am 28. August kamen zwischen 150 und 400 Frauen – die Angaben variieren je nach Quelle – zur Gründungsversammlung des Wiener demokratischen Frauenvereins in den Volksgarten. Am Podium sprach Katharina Strunz. Die konstituierende Sitzung im Wiener Volksgarten wurde von Männern, Bürgern und Nationalgardisten gestürmt, sodass sie nachmittags an einem anderen Ort fortgesetzt werden musste. Als Präsidentin ist in den Statuten Karoline Perin genannt. Frauen der unteren Schichten dürften nicht in diesem Verein vertreten gewesen sein.

Der Verein formulierte in seinen Statuten folgende Ziele: politische Gleichberechtigung für Frauen, Zugang zu Bildung für alle Frauen und Mädchen, Unterstützung von Frauen unterer sozialer Schichten und Zustimmung zu den Zielen der revolutionären Bewegung. Der Verein sah von karitativen Aktionen ab und forderte vom zuständigen Ministerium die Rücknahme der Lohnkürzungen. Der Verein bestand zwei Monate, gilt aber trotzdem als erstes Aufleben einer Frauenbewegung in Österreich.

Der Verein erhielt einerseits Akzeptanz unter den freisinnigen Vereinen im revolutionären Wien, aber auch Ablehnung aus den Reihen der 1848er. Der Wiener demokratische Frauenverein war ein explizit politischer Verein. Es wurden Petitionen zu politischen Belangen formuliert, Demonstrationen abgehalten, Flugblätter herausgegeben, Diskussionsversammlungen abgehalten. Auch bei der Bildung eines Zentralausschusses aller demokratischen Vereine Wiens war der Frauenverein beteiligt. Vereinsfrauen nahmen an öffentlichen Sitzungen des Zentralausschusses teil.

Die Frauenemanzipationsbestrebungen wurden radikal gebrochen. Belagerungszustand und Niederlage der 1848er Revolution in Wien bedeuteten die Rücknahme sämtlicher bürgerlicher Freiheiten sowie Auflösung und Verbot aller politischer Vereine nach nur wenigen Monaten ihres Bestehens. Nach dem Ende der freien Monate des Jahres 1848 wurde die staatliche Zensur wieder eingeführt und die polizeiliche Überwachung verstärkt. Frauen hatten in politischen Vereinen für lange Zeit keinen Platz mehr.

verwendete Literatur und Quellen:

Hauch: Frau Biedermeier auf den Barrikaden
Hauch: Frauen-Räume in der Männerrevolution 1848. - In: Europa 1848, 841-900
Weiss: Demokratische Frauenvereine im Revolutionsjahr 1848

verfasst von: Lydia Jammernegg

Ausgewählte Publikationen

Quellen und Sekundärliteratur

Hauch, Gabriella: Das "Geschlecht der Revolution" im tollen Jahr 1848/49 - In: 1848 im europäischen Kontext - Wien: Turia + Kant, 1999, 75-96
ÖNB 1582845-B.Neu-Per.1
Hauch, Gabriella: Frauen-Räume in der Männerrevolution 1848 : Geschlechterverhältnisse in den europäischen Revolutionen 1848/49 - In: Europa 1848 : Revolution und Reform - Bonn: Dietz, 1998, 841-900
ÖNB 1159526-B.Neu-Per.48
Hauch, Gabriella: § Emanzipation bewegt ... : im demokratischen Milieu der Wiener Revolution 1848 - In: Ariadne, Nr. 59, 2023, 28-47
ÖNB 1428420-C.Neu-Per