Biografie
Martha Stephanie Hermann (verheiratete Braun) ist Ökonomin und Mitherausgeberin sowie Autorin eines Beitrages des Handbuchs "Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauenarbeit in Österreich", das vom Bund Österreichischer Frauenvereine aus Anlass des 9. Kongresses des International Council of Women (ICW, Internationaler Frauenrat) in Wien vom 26. Mai bis 7. Juni 1930 publiziert wurde.
Sie ist die sechste Absolventin des Doktoratsstudiums der Staatswissenschaften an der Universität Wien. Ihre Dissertation, eingereicht am 16. Dezember 1920, hat den Titel "Die Anweisungstheorie des Geldes" und ist verschollen. Martha Stephanie Hermann wird am 15. März 1921 zur Dr. rer. pol. promoviert. Ihre weitere wichtige Publikation "Theorie der staatlichen Wirtschaftspolitik" war als Habilitation gedacht, die ihr als Frau, konvertierte Jüdin und Liberale jedoch verwehrt blieb - diese Arbeit gilt dann in Fachkreisen als erste deutschsprachige allgemeine Theorie der Wirtschaftspolitik. Sie wird in den Kreis des Ludwig-von-Mises Privatseminars aufgenommen, das in der Wiener Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie am Wiener Stubenring stattfindet. Dieses Privatseminar, das später Weltruhm erlangte, ermöglicht ihr, einen interdisziplinären Zugang mit (auch weiblichen) Gelehrten aus Philosophie, Recht und Geschichte zu einer Wirtschaftsethik zu finden.
In dieser Zeit ist sie als freiberufliche Wirtschaftsjournalistin tätig. Später nimmt sie als berufstätige Mutter mit zwei Söhnen eine Stelle in der Wiener Handelskammer an. 1938 muss sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in die USA emigrieren. In der Emigration wird sie nach weiteren Studien Wirtschaftsprofessorin an zahlreichen amerikanischen Universitäten, wie Brooklyn College, New York University, University of Cincinnati etc.
Zu Recht nimmt sie im Kreis der "Wiener Schule der Ökonomie" einen prominenten Platz ein. Im Juni 1989 wird sie mit dem Ehrendoktorat (Dr. rer. soc. oec. h.c.) der Universität Wien ausgezeichnet. Bis ins hohe Alter führen sie immer wieder Tagungen (z.B. des traditionsreichen Vereins für Sozialpolitik) nach Wien zurück. Seit 1998 erinnert am Universitäts-Campus das sogenannte Browne-Tor (im Durchgang Hof 3-Hof 6, 9.Bezirk) an sie. Weiters wird 2002 in Wien-Floridsdorf beim Betriebswirtschaftlichen Zentrum der Universität Wien ihr zu Ehren die Martha-Steffy-Browne-Gasse benannt.
verwendete Literatur und Quellen:
Frühwirth: Martha Stephanie Braun/Browne (1898-1990). - In: Gelebtes Recht, 10-16
Leischko: Braun, Martha Stephanie. - In: Wissenschafterinnen in und aus Österreich , 92-95
Schmitz: Martha Steffy Browne - neunzig!. - In: Wirtschaftspolitische Blätter 35 (1988) 6, 804-811
Lexikoneinträge
biografiA
Browne Martha Stephanie, Braun, geb. Herrmann, Browne Steffie; Nationalökonomin
Geb. Wien, 12. 12. 1898
Gest. New York City, New York, USA, 2. 3. 1990
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Adolf Herrmann (1863 –1934), Dr.; Mutter: Etelka, geb. Steiner (* 1877); Geschwister: Lisbeth Olga (* 1901); Käthe (* 1908). LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Dr. Hermann Braun (* 1891); Kinder: Dorothea (* 1923); Klemens (* 1930).
Ausbildungen: Fünfte Studentin der Wirtschaftswissenschaften, am 22. 4. 1919 als Doktoratsstudium der Staatswissenschaften an der juridischen Fakultät eingeführt; 15. 3. 1921 Promotion mit Auszeichnung an der Wiener Universität; 1941/42 Postgraduate Studies an der Columbia University.
Laufbahn: 1921–26 Lehrtätigkeit an der Volkshochschule Wien, in den 1920er Jahren Teilnahme am wirtschaftswissenschaftlichen Privatseminar von Ludwig Mises. 1929 mit „Theorie der staatlichen Wirtschaftspolitik“ Verfasserin des ersten maßgebenden Buchs der theoretischen Wirtschaftswissenschaften, gedacht als Habilitationsschrift. Die Habilitation blieb ihr als Jüdin, trotz evangelischer Taufe 1922, und als Liberale verwehrt. 1933 Verbot des Buches in Deutschland. 1939 Flucht GB, 1940 Emigration in die USA. 1940 – 42 Columbia. 1942–44 asst. Prof. Cincinnati. 1944 – 47 Analystin im State Department, Mitarbeiterin im Office for Strategic Services in Washington; 1947–54 asst. Prof. Econ, Brooklyn College/New York, 1948 – 49 Hunter College, 1954 –? Assoc. Prof., 1947– 69 Professorin an der Universität von Cincinnati für das Fachgebiet Wirtschaftsgeographie, Expertin für die Wirtschaft Japans; ab 1951 oftmals wieder in Österreich, 1969 emeritierte Professorin des Brooklyn College, New York; 1970 –81 Lektorin an der N. Y. University.
Ausz.: 1989 Ehrendoktorat in Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien.
W. u. a.: „Theorie der staatlichen Wirtschaftspolitik“ (1929), „The Place of Foreign Trade in the Japanese Economy. State Department Study“ (1946), „The Future of U. S. Energy Supply“ (1969), „Teaching Macroeconomics: A Review article on the book by Dornbusch und Fischer. Wirtschaftspolitische Blätter Nr. 5“ (1980), „Erinnerungen an das Mises-Privatseminar. In: Ludwig von Mises – seine Ideen und seine Wirkung. Wirtschaftspolitische Blätter Nr. 4“ (1981), „Hessions Buch über Keynes. Wirtschaftspolitische Blätter Nr. 5“ (1984)