Marschall, Fritzi

Namen und Abkürzungen
Marschall, Albertine Friederike Gräfin (Geburtsname)
Geburtsdaten
6.12.1876, Wien
Sterbedaten
7.01.1927, Wien
Berufe und Tätigkeiten
Ärztin, Zoologin

Biografie

Albertine Friederike Gräfin Marschall wird 1876 als Tochter des Rittmeisters und Dienstkämmerers des Erzherzogs Karl Ludwig, Graf Friedrich Marschall und seiner zweiten Gattin Aurelia in Wien geboren. Sie erhält, wie damals üblich, zunächst privaten Unterricht, anschließend besucht sie die Bürgerschule des Instituts Bacher in Hietzing. Als sie 11 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater hochbetagt. Mit 16 Jahren entschließt sie sich „zu studieren“, das heißt jahrelanges Ablegen von Vorprüfungen, bis sie 1900 die „Bewilligung zur Ablegung der Maturitätssprüfung“ erhält. Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits 24 Jahre. Von diesem Zeitpunkt an wird sie an der philosophischen Fakultät als außerordentliche Hörerin akzeptiert und lernt parallel für ihr Zoologie-Studium und für die Matura, die sie im Schuljahr 1903/4 am deutschen Gymnasium Prag, Kleinseite, ablegt.

Mit dem Maturazeugnis wird Marschall 1904 nun ordentliche Hörerin. Sie führt in Triest praktische Untersuchungen für ihre Dissertation über den „Tentakelapparat von Dasychom Bombyx“ durch, die sie 1907 zur Begutachtung einreicht. Die Dissertation wird approbiert, aber keiner Publikation würdig befunden. Im selben Jahr promoviert sie zum Dr. phil., 1909 erfolgt die Promotion zum Dr. med. In ihrem Haus in der Lainzerstraße 61, das ihr bereits seit ihrem 16. Lebensjahr gehört, eröffnet sie nun ihre Praxis.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldet sie sich beim Roten Kreuz und wird ab 1915 als Regimentsärztin im Feldlazarett Krakau eingesetzt. Sie „darf“ die Arbeit eines Regimentsarztes ausführen, hat aber nicht dessen militärischen Rang und Machtbefugnisse. Nach ihrem Dienst an der Front arbeitet sie in einem Kriegsgefangenenlager. Ab 1916 leitet sie im Kriegsspital in Meidling in der Schwenkgasse (Hohenbergstraße), zwei chirurgische Baracken. Dort scheint sie sich durch Überarbeitung ein Herzleiden zugezogen zu haben. Ihre Lainzer Praxis hat sie neben all diesen Einsätzen nicht stillgelegt.

Gegen Kriegsende wird ein anderes Projekt für sie wichtig: zusammen mit dem Architekten Rudolf Wels, einem Schüler von Adolf Loos, plant sie im Lainzer Tiergarten für die Zeit nach dem Krieg eine „Gartenstadt für Kinder“. Sie will dort anknüpfen, wo sie vor vielen Jahren begonnen hat: bei der Betreuung verwaister oder vernachlässigter Kinder. Statt der privaten Pflege in ihrem Heim schwebt ihr jetzt aber eine größere Anlage vor, in der den Kindern neben medizinischer Versorgung auch Unterkunft und Ausbildung zu einem selbstbestimmten Leben geboten wird. Sie wirbt dafür in Vorträgen und Aussendungen, setzt in diesem Zusammenhang auch ihr privates Vermögen ein und wendet sich dabei u.a. an Julius Tandler, der in diesem Projekt privater Wohlfahrt ein veraltetes Fürsorgemodell sieht, das einer künftigen staatlichen Wohlfahrt weichen solle.

In all diesen Jahren verschlechtert sich ihr Herzleiden, das aus jahrelanger Überarbeitung resultiert. Sie rechnet offensichtlich mit ihrem Tod, vermacht ihr Haus zu zwei Drittel einem engen Freund, zu einem Drittel ihrer Hausangestellten. Sie stirbt am 7. Jänner 1927, knapp nach ihrem 50. Geburtstag.

verwendete Literatur und Quellen:

Der erste weibliche Regimentsarzt. - In: Wiener Bilder, Nr. 18, 2. Mai 1915, 10-11

verfasst von: Elisabeth Kastl-Killinger und Roswitha Strommer

Quellen und Sekundärliteratur