Lexikoneinträge
Lexikon deutscher Frauen der Feder
Handel-Mazzetti, Freiin Enrica v., Wien I, Sonnenfelsgasse 15, wurde am 10. Januar 1871 als die Tochter des Generalstabshauptmanns Heinrich Freiherrn von Handel-Mazzetti zu Wien geboren. Da der Vater früh verstarb, leitete die Mutter des Mädchens, eine geborene Csergheö von Nemes-Tacskánd, sorgsam dessen erste Erziehung. Enricas dichterische Begabung trat schon während der Schulzeit hervor. Mit 9-10 Jahren verfasste sie Gelegenheitsgedichte und Schauspiele, in denen es sehr abenteuerlich zuging. 1886 kam sie zur letzten Ausbildung in das Kloster der Englischen Fräulein zu St. Pölten. Dortselbst wurden einige dramatische Versuche Enricas aufgeführt, unter anderem "Lasset die Kleinen zu mir kommen." 1887 kehrte sie nach Hause zurück. Ein Jahr lang schrieb sie nichts, sondern lernte. Sie las Schiller, Kleist, Shakespeare und Dickens; die erstgenannten beiden übten den nachhaltigsten Einfluss auf ihre dichterische Gestaltung aus. 1888 erschienen zwei Volkserzählungen in Broschürenform. In den folgenden Jahren veröffentlichte sie mehrere Novellen, Balladen und dramatische Dichtungen in der Töchterzeitung "Angelablatt"*) und anderen Zeitschriften des St. Norbertusverlages. 1894 erschien als Bändchen gedruckt ein historisches Schauspiel "Nicht umsonst". 1895 gelangte "Pegasus im Joch", ein Lustspiel in Versen, zum Druck. Seit 1895 ist E. Handel-Mazzetti auch als Mitarbeiterin und zwar als Feuilletonistin der "Wiener Zeitung" thätig.
biografiA
Handel-Mazzetti Enrica Freiin von, Ludovica, Ps. Ein Marienkind, Marien Kind; Schriftstellerin, Dramatikerin und Übersetzerin
Geb. Wien, 10. 1. 1871
Gest. Linz, OÖ, 8. 4. 1955
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Irene, geb. Csergheö von Nemes-Tacskánd, starb 1901. Der Vater Heinrich v. Handel-Mazzetti, Generalstabshauptmann, starb noch vor der Geburt von E. Ihre Schwester Elvira wurde 1895 Ordensfrau. Die Mutter war evangelisch – als einzige der katholischen Verwandten. Diese Spannungen wurden im Werk von E. v. H.-M. immer wieder aufgegriffen. Ein Vetter war Heinrich Handel-Mazzetti (1882–1940), Botaniker, Forschungsreisender, Kustos am Naturhistorischen Museum in Wien und Fachschriftsteller.
Ausbildungen: Erhielt zunächst Privatunterricht, 1886/87 am Institut der Englischen Fräulein St. Pölten, privates Studium der deutschen und französischen Literatur in Wien. Sie las die Bibel, Schiller, Kleist, Shakespeare, Dante, Goethe und Dickens, die einen nachhaltigen Einfluss auf ihre dichterische Arbeit hatten.
Laufbahn: Schon während der Schulzeit zeigte sich E.s große dichterische Begabung. Ihre ersten Gelegenheitsgedichte und Schauspiele verfasst sie bereits im Alter von 9 bis 10 Jahren. Ab 1895 arbeitete sie auch als Feuilletonistin für die „Wiener Zeitung“. Sie war weiters karitativ tätig und hatte eine eigene Almosenierin. Schon früh hat sie mit dem Schreiben begonnen. Mit 9 Jahren verfasste sie bereits Gelegenheitsgedichte und Schauspiele. Einige davon wurden im Institut der Englischen Fräulein aufgeführt. Lebte ab 1906 in Steyr und ab 1911 in Linz, verfasste vorwiegend historische Romane und Novellen, teilweise in oberösterreichischer Mundart, die oft in der Zeit der Glaubenskämpfe zwischen Katholiken und Protestanten spielen. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren ihre Werke verboten, E. v. H.-M. versteckte sich zu Kriegsende in einem Kloster. Von ihren Werken existieren nach dem Krieg Schulausgaben für den Deutschunterricht. 1951 wurde ein nach ihr benannter Literaturpreis eingerichtet. Sie war Mitarbeiterin von katholischen Zeitschriften, publizierte unter anderem im „Waisenkind“ und „Waisenboten“, und der Töchterzeitung „Angelablatt“.
Ausz., Mitglsch.: Sie hatte Kontakt mit Literatinnen, die der Frauenbewegung um die Jahrhundertwende nahestanden. Sie selbst wurde auch von der Frauenbewegungspresse rezipiert. U. a. hat die Literaturhistorikerin Christine Touaillon über sie publiziert. In Linz und Wels wurden Straßen nach ihr benannt. Am 16. 7. 1936 Ehrenbürgerin von Linz, Ehrengrab in Linz, 1914 Ebner-Eschenbach-Preis, Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, Deutsche Goethe-Medaille. 1933 trat sie aus dem P. E. N. Klub aus.
W. u. a.: „In terra pax hominibus, bonae voluntatis. Ein Weihnachtsspiel in 3 Aufzügen“ (1899 = Neues Vereinstheater Nr. 21), „Pegasus im Joch oder die verwunschenen Telegramme. Lustspiel“ (1895), „Der Verräter. Novelle. Fahrlässig getötet. Zwei Erzählungen“ (1902), „Jesse und Maria. Ein Roman aus dem Donaulande“ (1906), „Novellen“ (1907 = Volksbücherei 165/167), „Historische Novellen“ (1908), „Caritas. Die schönsten Erzählungen. Ein deutsches Jugend- und Volksbuch“ (1922), „Das Rosenwunder. Ein deutscher Roman“ (1924 –1926), „Das Blutzeugnis“ (1926), „Seine Tochter“ (1926), „Weg in den Herbst. Roman“ (1931), „Die Heimat meiner Kunst“ (1933), „Die Waxenbergerin. Ein Roman aus dem Kampfjahr 1683“ (1934), „Das heilige Licht“ (1938), „Ein groß Ding ist die Liebe“ (1958)
Susanne Blumesberger
Köhler-Lutterbeck, Siedentopf: Lexikon der 1000 Frauen
Handel-Mazzetti, Enrica Lodovica Maria Freiin von (Ps. Marien Kind)
Schriftstellerin
10.1.1871 (Wien) - 8.4.1955 (Linz)
Nach dem Besuch des Instituts der Englischen Fräulein in St. Pölten lebte H.-M. mit ihrer Mutter in Wien und studierte Sprachen und Literatur. Ab 1888 veröffentlichte sie Novellen in Zeitschriften, und 1895 wurde sie Mitarbeiterin der "Wiener Zeitung". H.-M., die eine der erfolgreichsten Autorinnen des katholischen historischen Romans war, setzte sich in ihrem Werk mit dem Kampf der Konfessionen, meist vor historischem Hintergrund auseinander. Mit der Erzählung "Meinrad Helmpergers denkwürdiges Jahr" (1900) und dem Roman "Jesse und Maria" (1906) hatte sie ihre ersten großen Erfolge. Es folgten über 80 weitere Novellen und Romane, die z.T. auch übersetzt und bis in die neueste Zeit wieder aufgelegt wurden. 1914 wurde ihr der Ebner-Eschenbach-Preis verliehen. Während der NS-Zeit wurden ihre Bücher kaum verkauft. Seit 1951 wird der nach ihr benannte Handel-Mazzetti-Preis für Literatur verliehen.
Lexikon der Frau
Handel-Mazzetti, Enrica Freiin von, österr. Dichterin, *Wien 10.1.1871. Tochter eines österr. Offiziers aus altem schwäbischem Geschlecht u. einer ungar. Adeligen. Der einjähr. Aufenthalt im Institut der engl. Fräulein in St. Pölten wurde bestimmend für ihr Leben u. Dichten. Sie wohnte längere Zeit in Steyr a.d. Enns, lebt seit 1911 in Linz a.d. Donau. Durch ihre grossen Geschichtsromane aus dem österr. Barock wurde sie zur Repräsentatin der bed. kathol. u. histor. Dichtung der Gegenwart.
Ausgewählte Publikationen
Quellen und Sekundärliteratur
Material in Archiven und Sammlungen
- Briefe von Enrica von Handel-Mazzetti - In: UB Leipzig, Kurt-Taut-Sammlung, Kurt-Taut-Slg./2/A-J/H/132 und 133; A-J
- Fragment des Romans "Jesse und Maria", Briefe von und an Enrica Handel-Mazzetti - In: BSB, Nachlass Carl Muth, Ana 390
- Korrespondenz von Enrica Handel-Mazetti mit Adolfine von Hasslinger - In: ÖNB/HAN, Autogr. 378/85 Han
- AStL, Teilnachlass Enrica von Handel-Mazzetti
- OÖ LitA, Nachlass Enrica von Handel-Mazzetti, EHM | Sammlung: LA